Gestern habe ich für mich selbst einen enorm wichtigen Schritt gemacht, indem ich meine momentane, für mich sehr schwierig zu fassende Gefühlslage mit euch in meinem Text „Alles auf Anfang“ geteilt habe. Eure Resonanz und die in mir aufsteigende Erleichterung zeigt mir, wie wichtig es ist, die eigenen Gedanken und Gefühle nicht in sich hinein zu fressen und mit einem leckeren Schluck Milchkaffee hinunter zu spülen. Es tut gleichzeitig weh und gut in sich hinein zu blicken und zu ertragen was man da manchmal zu sehen bekommt. Der eigenen Stimme zu lauschen, bevor man andere nach ihrem Rat fragt. Ich nehme dieses mir inne wohnende Chaos an und versuche es Teilchen um Teilchen neu zu ordnen. Dabei helfen mir die verschiedensten Dinge.
Da es mir in den letzten Wochen schwer viel mich zu verabreden oder mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, habe ich mehr und mehr begonnen mich einzuigeln und zurück zu ziehen. Keine Lust auf Schein, einfach nur sein wollen, so wie ich bin. Natürlich ist so ein Zustand auch für mein Umfeld nicht leicht auszuhalten. Ständig wandelt sich meine Gemütslage. Mal bin ich gut drauf und lustig, mal gehe ich bei Kleinigkeiten an die Decke, ohne dass ich selbst weiß warum. Gerade dieses sich selbst nicht verstehen, oder erklären können macht es so unheimlich schwierig. Klar tut es mir hinterher Leid, aber das ändert nichts daran, dass ich mich verloren fühle und manchmal stehe ich mir dann hilflos selbst gegenüber.
Ich habe den großen Vorteil selbstständig zu sein. Ich bin mein eigener Boss. Wenn ich sage heute bleibst du im Bett, anstatt um 8 schlecht gelaunt am Rechner zu sitzen, dann kann ich das tun. Und diesen hart erkämpften Freiraum, dieses tatsächliche Privileg, das schöpfe ich momentan aus. Ich habe alles probiert, um es mir in diesem Schutzraum gemütlich zu machen. Als echter Serienfan habe ich mich auf die neue 6. Staffel Games of Thrones aufs Vorbildlichste vorbereitet, natürlich nicht ohne Süßkram in mich hinein zu stopfen, bis das kurze Glücksgefühl sich in Übelkeit verwandelte. Ich hab es mit dem Sport übertrieben, bis die Knie nicht mehr aufhörten zu schmerzen und – ich bin irgendwann unter meiner Bettdecke wieder raus gekrochen gekommen und habe Einladungen angenommen. Das ist wohl der Punkt, welcher im nachinein betrachtet wirklich dazu beiträgt, dass ich die kleinen schönen Momente wieder sehen und genießen kann.
Ob es eine Freundin ist, die zum fünften mal fragt, ob wir nicht doch einen Kaffee trinken wollen, oder ein langes Telefonat, während ich auf der Parkbank hocke und beobachte, wie die Bäume blühen. Es sind die Einladungen, die mir helfen. Das sich trotz meiner abwehrenden Haltung an mich heran trauen. Denn wenn mein Gegenüber weiß, wie es gerade um mich steht, brauche ich keine Energie mehr für irgendwie geartete Perfektion aufbringen. Ich habe nicht den Druck mich erklären zu müssen. Für mich geht es darum gemeinsam Zeit zu verbringen und diese zu füllen. Mit Lachen, mit Ehrlichkeit, mit Hoffnung und endlich auch mal wieder Blödsinn! Ich kann mir viel zu Herzen nehmen, aber irgendwann wird es da drinnen auch ganz schön voll und die dadurch entstandene Unordnung möchte kreativ genutzt werden. Doch was tun in so einer Situation, wenn man sich selbst schon nervt und die Beziehung auch nicht alles ertragen soll?
Ich habe all meinem Mut zusammen genommen und bin einer Einladung gefolgt. Vor einigen Wochen trudelte bei mir die Anfrage ein, ob ich nicht Lust hätte über die Osterfeiertage am AGAPE ZOE Healing Arts Festival teilzunehmen. Ich verstand nur Bahnhof. Ich hab die Mail weggepackt, weil ich die Hälfte des Pressetextes beim Überfliegen schon nicht verstand. Fertig. Doch wie es manchmal so ist im Leben, brauchte ich eine weitere Einladung. Tina, der liebe Kopf des Presseteams rief mich an und fragte nach, ob ich nicht doch Lust hätte zu kommen. Ich brummelte irgendwas von sie solle mir die Mail noch mal schicken, ich gucke noch mal drüber. Ich hatte ein schlechtes Gewissen und wusste ja, dass ich an sich nur Bahnhof verstand, egal wie oft ich noch mal über den Text rattern würde. Also schnappte ich mir die Einladung und zeigte sie meiner Freundin, die ganz große Augen bekam und sofort sagte: „Das musst du machen, klingt total spannend! Auch – wenn ich keine Ahnung hab, was die da mit dir machen werden!“ Also hab ich zum Telefonhörer gegriffen, Tina angerufen und beschlossen mich einzulassen. Ich nahm die Einladung an. Ein kleines Abenteuer, in dieser großen Stadt, dass ich nur für mich haben würde. Ich sagte daraufhin alle familiären Osterpläne ab, was mir Erleichterung verschaffte und freute mich auf meine erste Bekanntmachung mit der Welt des Healing!
Als es schließlich soweit war und ich wohl gestylt auf dem Rad saß, um an einem sonnigen Morgen nach Berlin Pankow zu radeln, war ich aufgeregt und stolz. „Ich mache das jetzt wirklich!“ Ich lächelte und war bereit!
Im Studio Eden, der Location des Events angekommen, konnte ich meinen Augen kaum trauen. Zwischen wunderschönem Altbau und modernen Wohnträumen lag eine versteckte Wiese, auf der Menschen zusammen standen, sich freuten, lachten und scherzten. Die meisten hatten ihre Yogamatten auf dem Rücken, einige sahen genau so aus, wie ich – vorurteilsbeladener Geist – mir diese kleine Gesellschaft vorgestellt hatte, doch andere waren ganz „normal“, nix mit langen Dreads bis zum Boden oder flatternden Gewändern. Einfach lauter absolut unterschiedlich zusammengewürfelte, coole Leute die sich hier versammelten um gemeinsam das Wochenende zu verbringen.
Und das taten wir! Auf eine Weise, die ich selbst nicht für möglich gehalten hätte. Wir meditierten mit der Mutter des Kakao und in mir regte sich nichts, als der Ärger über die laute Atmung meines Nachbar. Wir machten Yoga, hüpften, sangen und sprangen und ich war froh und frei unter all diesen Fremden! Danach schlemmten wir Suppe und genossen die Mittagspause, um uns anschließend innerhalb verschiedenster Workshop Gruppen zu verstreuen! Und auch wenn ich selbst noch nie eine echte Thaimassage genießen durfte, bin ich ganz mutig in die Arbeitsgruppe, wurde gewalkt und geknetet wie ein Stück Teig und durfte selbst ein paar ziemlich dufte Handgriffe lernen und ausprobieren!
Irgendwann umgaben mich auch keine Fremden mehr, sondern lauter spannende Charaktere, denen ich mit meinen neugieren Augen schüchtern entgegen blinzelte. Und am Abend, atmeten wir Licht. Dabei wurde im Raum geweint, gelacht, gestöhnt, sich fallen gelassen, entspannt und ich bin vor Erschöpfung eingeschlafen. Ich hätte nie gedacht, wie krass atmen sein kann!
Ich war glücklich, gleichzeitig auch skeptisch, dafür aber bestens unterhalten und voller Vorfreude, was mich am nächsten Tag erwarten würde! Schon jetzt fühlte ich, dass es gut tat, diese Einladung angenommen zu haben. Es behagte mir Zeit zu haben, die nur mir galt und das, unter so vielen lieben Menschen.
Und so startete ich auch am folgenden Tag munter zur Seelenexkursion. Und dann – bäm! Ich wollte den Tag mit einer Yogaeinheit beginnen. Doch zu meiner Überraschung und Überforderung saß da nicht etwa eine grazile Elfe, die uns gleich mit ihrer sanften Stimme in die Welt der körperlichen Extremverbiegungen entführen wollte, sondern ein Wesen, das Glück und Geborgenheit, Stärke und pure Verletzlichkeit gleichzeitig ausstrahlte. Und so begann die Stunde nicht etwa damit, dass wir unsere Körper erwärmten, sondern damit, dass wir unsere Herzen öffneten!
Wir erfuhren von einem Lebensweg voller Zweifel und Angst, Hoffnung und Tragik, mussten lachen und hätten am liebsten geweint. Und nachdem wir erfahren hatten, wer mit uns die kommenden Einheiten absolvieren würde, war etwas geschehen. Der Raum war voller Energie, ich kann das nicht anders beschreiben, denn genau so fühlte es sich an. Doch anstatt in Stille zu verharren, oder von Übung zu Übung zu fließen, wurde es laut, wild und rasant! Wir schwitzten, tanzten, befreiten uns und endeten in einer Meditation, einer körperlichen, wie auch geistigen Herausforderung, wie ich sie nicht für möglich gehalten hätte. Ich hab vorher jedem einen Vogel gezeigt, der mir mit spirituellem Krams zu nahe gekommen ist. Aber ohne darüber nachzudenken, war ich in Trance gelangt. Für einige Sekunden war ich reines, pures Glück! Freudentränen rannen meine Wangen hinunter und ich fühlte mich frei. Für diesen Moment war ich ganz ich, bei mir, heile, ohne alles, was mich sonst hemmt, belastet oder zu brechen droht. Ich war gut. Genau richtig.
Und es ist dieses Gefühl, was ich versuche in Momenten der Hilflosigkeit wieder wach zu kitzeln. Sehr toll beschreibt es der Kommentar den ich gestern von Leserin Mia erhielt. Mit ihrem „Pantajali sagt“ bringt sie mich immer wieder aufs Neue zum Lächeln und das ist definitiv ein guter Anfang:
Ich bin ein Meister, der übt!
Genau. Ich bin gut, so wie ich bin. Und du auch! Wir müssen nicht perfekt sein. Auch wenn ich das verdammt gerne wäre! Wirklich!!! Aber vielleicht ist es genau diese Erkenntnis, das Locker lassen, welches uns hilft weiter und weiter zu sehen. Deshalb bin ich auch gerade dabei den Kopf ein wenig aus meinem Schneckenhaus heraus zu stecken und die Frühlingsluft einzusaugen. Weitere Reisen sind vorerst abgesagt. Ich mag gerade hier sein, bei meinem Mann, möchte am Wochenende meine Familie besuchen, ausgewählte Zeit mit Freunden verbringen und aufhören zu hetzten.
Auf dem AGAPE ZOE Festival habe ich nicht die Lösung für all mein Wirrwarr gefunden, natürlich nicht! Aber ich habe erkannt, dass es auch in der Großstadt einen Platz geben kann, an dem ich mir nicht klein und verloren vorkommen muss, an dem ich sein kann wie ich bin, mit all meinen Unzulänglichkeiten und fantastischen Eigenschaften! Das es Freiräume gibt, die wir uns selbst schaffen können. Das es Zeit ist einander zu zu hören und gemeinsam zu agieren. Das es eben nicht nur darum geht die schlagfertigste Antwort parat zu haben, sondern in den richtigen Momenten einfach still zu halten, einzustecken und zu erfühlen, was in mir und meinem Gegenüber vorgeht!
Und weil das unmöglich alles an zwei Tagen tatsächlich zu ergründen ist, haben sich die Veranstalter auf die Fahnen geschrieben, das Festival regelmäßig stattfinden zu lassen. Ich werde auf alle Fälle auch am 21. und 22. Mai wieder dabei sein. Und wenn mich das nächste mal einer mit seiner mega lauten Meditationsatmung stresst, dann sage ich das auch, ganz freundlich, aber ich sage es. Was ich euch jetzt nicht sagen kann ist, was euch konkret erwarten wird. Denn was ihr aus dem reichhaltigen Angebot, diesem „Kaleidoskop der Vielfalt“ bestehen aus Yoga und Meditation, Bodyworkout und Massage, Healing sowie Breathwork und natürlich Tanz und Bewegung, für euch heraus picken werdet, das liegt ganz allein bei euch. Ich habe mir auf alle Fälle die Tage im Kalender schon markiert und freue mich darüber, mich dieses Mal selbst einzuladen.
Danke für die tollen Fotos an Grit Siwonia