Letztes Jahr habe ich meine Examensarbeit über das Thema Selfie und die Entwicklung eines neuen Narzissmus geschrieben und mich sehr intensiv mit diesem aufkommenden Phänomen der digitalisierten Welt beschäftigt. Auch hier auf Freiseindesign habe ich den Hype um das beliebte Selbstporträt, welches mit dem Smartphone fotografiert und auf sozialen Plattformen wie INSTAGRAM geteilt wird, kommentiert. Damit aber nicht genug!!!
Vor ein paar Tagen habe ich mir den im Jahr 2014 erschienenen Film #ZEITGEIST angeschaut und zu meinem Entsetzen so viele Parallelen zu meinem eigenen Leben festgestellt, dass ich diese Gedanken einfach mit euch teilen möchte.
Das US-amerikanische Film-Melodram handelt von der Frage, wie sich die zwischenmenschlichen Beziehungen in Familien und unter Freunden, sowie das Leben an sich, durch das Internet und Social Media verändert haben. Eine Mutter überwacht stetig und ständig mittels verschiedener Ortungsdienste. Ein junger Mann kapselt sich ab und findet in der virtuellen Zocker-Welt Anerkennung und Verständnis. Ebenso wird der Zuschauer Zeuge davon, wie sich das Bild von Sexualität auf Grund von Porno Webseiten komplett wandelt und sich ein junger Teenager seinen beruflichen Werdegang durch anzügliche Bilder im Netz verbaut.
Das Internet vergisst eben nie. Jedoch vergessen wir das alle viel zu sehr.
Die digitale Nähe und analoge Entfremdung
Wie schon oben erwähnt, habe auch ich mich in manchen Geschichten, die der Film erzählt, selbst wiedergefunden. Angst etwas zu verpassen. Angst nicht mithalten zu können. Immer und ständig bin ich erreichbar. Rufe noch am späten Abend Emails ab, fühle mich unter Druck gesetzt bei Whatsapp sofort zurückzuschreiben und erwarte im Gegenzug auch eine schnelle Antwort. Ich poste und teile Fotos meines Privatlebens auf FACEBOOK und INSTAGRAM und ertappe mich sogar manchmal selber dabei, wie ich einen bestimmten Gegenstand oder ein Kleidungsstück so zurechtrücke, dass es perfekt im Bild ist.
Es gibt sogar mittlerweile Apps, die den Standort unserer Freunde preisgeben und die kleinen blauen Häkchen beim Whatsapp Messenger verraten mir sogar, ob mein Gegenüber meine Nachricht bereits gelesen hat. Ich glaube mittlerweile andere Menschen persönlich zu kennen, obwohl ich sie noch nie in meinem Leben getroffen habe. Und all das nur, weil ich mich neben meinem Alltag und meiner Arbeit so auf dieses kleine Gerät namens Smartphone fixiere, dass ich manchmal das Hier und Jetzt vergesse. Dank SNAPCHAT kann ich ab sofort sogar fremde Menschen, die ich sonst vielleicht nur von INSTAGRAM „kenne“, den ganzen Tag begleitet. Bin live dabei, wenn sie ihren morgendlichen Smoothie zubereiten, zum Sport rennen oder abends auf der Couch entspannen. Ich weiß im Endeffekt, was diese Menschen den ganzen Tag machen, obwohl ich sie nicht mal annähernd kenne. Oder ich glaube es scheinbar zu wissen. Denn natürlich geben wir bei INSTAGRAM, SNAPCHAT und Co. nur das Preis und stellen nur das zur Schau, was von anderen auch gesehen werden soll.
„Schaut mal her, wie toll mein Leben ist.“
Da das meiste davon natürlich eher einer Scheinwelt entspricht, ist jedem mit einem Fünkchen gesunden Menschenverstand natürlich klar. Und trotzdem fallen wir jeden Tag aufs Neue drauf rein. Trotzdem bin ich der Meinung, dass diese Scheinwelten und diese digitalen Profile, die wir uns selber im Internet erschaffen, bei Menschen, die mit sich im Reinen sind und zufrieden mit ihrem Leben, keinen Neid schüren. Denn Neid entsteht nur da, wo Unzufriedenheit herrscht.
Ich persönlich befürworte die digitale Nähe, solange sie auch echt ist. Ich kommuniziere beispielsweise sehr gerne und sehr viel über FaceTime. Da ich meine Familie nicht jeden Tag sehen kann, ist es das perfekte Medium um sich auszutauschen und sich auch zu „sehen“. Trotzdem bin ich der Meinung, dass die digitale Annäherung nicht mit der analogen Entfremdung einhergehen darf!
ICH, ICH & ICH
Im NRW FORUM in Düsseldorf könnt ihr vom 19. September 2015 bis zum 17. Januar 2016 die Ausstellung EGO UPDATE besuchen. Denn nicht nur die zwischenmenschlichen Beziehungen, wie im Film #ZEITGEIST dargestellt, verändern sich, sondern auch unsere Vorstellung vom Menschen selber. Auf Grund von digitalen Medien sowie dem technischen Weltgeschehen verändert sich ebenso unser eigenes Ich. Die Ausstellung beschäftigt sich mit der Entwicklung der digitalen Identität und stellt Werke von verschiedenen Künstlern aus.
Wie verändern wir uns und wie verändert sich unsere Gesellschaft?
„Das „Ich denke, also bin ich“ scheint sich unlängst in ein „Ich fotografiere, ich dokumentiere, also bin ich“ verwandelt zu haben.“, heißt es auf der Internetseite des NRW FORUMS. Die Ich-Inszenierung durch Selfies sowie soziale Netzwerke, das Aufbauen von „Scheinwelten“ nimmt immer mehr Einfluss in unser Leben und lässt uns manchmal auch an den echten Identitäten zweifeln.
Schon beim ersten Lesen über die Ausstellung, stelle ich mir sofort panisch die Frage, existiere ich also nur noch, solange ich fotografiere, poste und teile? Was tut sich da grad und wie verändere ich mich eigentlich selber? Vielleicht liefert mir diese Ausstellung ja Antworten darauf. Ich werde es mir definitiv nicht nehmen lassen demnächst mal wieder das schöne Düsseldorf zu besuchen und dem NRW FORUM einen Besuch abzustatten.