Nach unseren ersten, hammermäßigen Eindrücken von Patagonien und dem Nationalpark TORRES DEL PAINE ging es natürlich weiter mit der munteren Reise. Wir hatten noch viel vor! Zurück in der Zivilisation schlugen wir im nächstgelegenen Restaurant in Puerto Natales auf und probierten eine Menge der köstlichen chilenischen Weine und füllten unsere Bäuche mit Fleisch. Man ging es uns gut.
Am nächsten Morgen brachen wir in Richtung El Calafate auf, dem Aushangspunkt für einen Besuch im Nationalpark LOS GLACIARES der 1981 von der UNESCO zum Weltnaturerbe auserkoren wurde. Was die ganze Welt sich also betrachten soll, das sehen wir uns natürlich gerne mal genauer an! Und so enterten wie ein Boot und ließen uns einen Tag lang die Schönheit dieses Wild-Wasser-Parkes näher bringen. Unser Ziel waren die drei größten Gletscher: Perito-Moreno-Gletscher, Upsala-Gletscher und Viedma-Gletscher. Ich weiß nicht, ob ihr schon mal echte Gletscher zu Gesicht bekommen habt, ich werde es nie vergessen! So gewaltig und eindrucksvoll. Wahre Riesen!
Leider blieb uns die Zufahrt zu dem Größten, dem Upsala-Gletscher verwehrt, da es in der Nacht zuvor zu riesigen Eisabbrüchen kam und diese massiven Eisberge den Weg dahin versperrten. Die anderen beiden waren aber sicher nicht weniger imposant. Ich habe auf jeden Fall zuvor noch nie so eine riesige Wand aus Eis gesehen. Eindeutig Zeit für Schnaps mit crushed Ice.
Bei dem Perito-Moreno-Gletscher beträgt die Höhe der gigantischen Eisfront zur Wasserlinie teilweise bis zu 80 Meter und in regelmäßigen Abständen donnerten und krachten riesige Eisblöcke ins Wasser. Der absolute Hammer. Bekannt ist dieser Gletscher zudem durch ein besonderes Naturschauspiel. Die im Lago Argentino endende Gletscherzunge sperrt den südlichen Arm des Sees ab und staut ihn auf. Durch diesen ansteigenden Druck des Wassers kommt es dann alle zwei bis vier Jahre zum gewaltigen Durchbruch der Eismassen. Seht selbst, ich hab da mal was ausgegraben:Man an jenem Abend musste ich erstmal diese atemberaubende Natur verarbeiten. Natürlich hilft diesbezüglich besonders gut die konkrete Einnahme von Gletschereis in regionalen Getränken! Prost!
Doch mit dem neuen Tag, setzten wir uns auch ein neues Ziel. Unser Weg führt uns nach El Chalten, in ein kleines Dorf am Fuße des Cerro Fitzroy. Bei strahlenden Sonnenschein kann Mann da wohl nur so was sagen wie: Wenn Engel reisen!
Dieser Cerro Fitzroy ist ein krasser 3406 Meter hoher Granitberg und sehr beliebt bei Klettersleuten. Ich sage das mit Vorsicht, denn das Bürschchen hat es in sich.
Da sich die Spitze des Berges sehr oft in dicke Wolken einhüllt ( uns zeigte er sich natürlich in all seiner Pracht), nannten ihn die Ureinwohner auch „Rauchender Berg“. Der erste Europäer, der diesen Kerl im Jahre 1877 in Augenschein nahm, war Herr Perito Moreno, welchem er seinen heutigen Namen verdankt. Wir unternahmen von hier eine kleine Zwei-Tages-Wanderung in die Nähe des Basislagers. Es ging größtenteils durch echt grünste Waldabschnitte, bis die Natur karger und rauer wurde und wir den Fuß des Kletterfelsens erreichten.
Rasch das Zelt aufgebaut und eine typische schnelle Mahlzeit gekocht. Es gab Reis verfeinert mit einem Gewürzbrühwürfel und jeder Menge liebevollstens gebratener Salami. Ein Fest. In der Natur schmeckt eben alles. Nun begann die erste und einzige echt kalte Nacht. Es kann daran gelegen haben, dass unser Nachtlager schon auf einigen Höhenmetern lag. Ich hoffte jedenfalls noch kurz vorm Einschlummern, dass das gefrorene Zelt nicht in Einzelteile zerspringen würde. Aber natürlich passierte rein gar nichts, außer dass die eigenen Füße versuchten Gletscher zu spielen. Nach einer Nacht mit durchlöcherten Schlafphasen kam uns glücklicherweise bei Zeiten die Sonne besuchen und wir tauten wieder auf.
Heute sollte es weiter nach Calafate gehen. Dort angekommen sind wir natürlich hungrig wie immer angekommen und so wird euch klar sein, dass geschah, was geschehen musste: Es ging wieder ins RICK’S zum Futtern. Der Chefkellner dort hatte ein ausdrucksloses aber markantes Gesicht und stand scheinbar auf viel Etikette. Er koordinierte alles gleichzeitig und hatte seine jungen Kellner im Griff. Beim ersten mal nahm er uns gar nicht richtig zur Kenntniss und dachte wahrscheinlich, wir gehören zu den typischen Buffetessern. Aber nein, dem war natürlich nicht so! Bei unseren erneuten Erscheinen in seinem Lokal erkannte er uns wieder und bei einer Bestellung von jeweils 300 Gramm Rinderfilet und einer guten Flasche Wein erhielten wir direkt eine kleine Gesichtsentgleisungen, im Zeichen eines Lächelns.
Mit unseren runden Bäuchen hieß es dann schnell die Sachen ins Hostel zu bringen, sich umzuziehen und zu duschen. Denn, nach so einem kleinen Zwischensnack stand ein neuer Besuch im RICK’S an. Bei der jetzigen Bestellung hieß es nun jeweils 600 Gramm Rinderfilet und mehrere Flaschen Wein. Das Eis war gebrochen! Der Chef schob seinen Kollegen zur Seite, brachte uns richtige Weingläser und wir kamen ins Gespräch. Ein Abend an den ich mich gerne, wenn auch verschwommen, erinnere.
Patagonien ist übrigens die Bezeichnung für den Teil von Südamerika, der sich südlich der Flüsse Río Colorado in Argentinien und Río Bío Bío in Chile befindet. Zudem liegt es nördlich der Magellanstraße. Eine genaue, festgelegte Abgrenzung gibt es nicht. Das ist das Verrückte. Diese Gegend erhielt ihren Namen von dem portugiesische Entdecker Ferdinand Magellan, der im 1520 hier in dieser Gegend auf die einheimische Indianer traf und beschloss bei ihnen einen Winter zu verbringen. Warum ich euch das erzähle? Na passt mal auf:
Am nächsten Morgen hatten wir alle noch einen ziemlich schweren Kopf. Auf dem Plan stand eine zwölfstündige Busfahrt nach Feuerland. Man mag sich einbilden die Fahrt wäre erholsam gewesen. War sie aber nicht für alle. Einem von uns drehte es sich eher hier und da gewaltig in der empfindlichen Magenregion! Wir freuten uns über einen Haufen gesundes Zeug, das wir extra für die Busfahrt eingekauft hatten. Es gab tonnenweise Obst und literweise die Verdauung anregende Drinks. Blöd war nur, dass wir nicht bedacht haben, dass unser Weg nach einer Stunde raus aus Argentinien, rein nach Chile führte. Und nach weiteren zwei Stunden wieder zurück nach Argentinien. Kurz vor der Grenze zählte eine brabbelnde Stimme alles auf, was nicht nach Chile einführen werden durfte. Das war so ziemlich alles was wir gekauft hatten. Zum Kotzen! Wir ließen unsere Messer rotieren schnitten uns das meiste Obst auf. Dabei unterstützen uns zwei ausgehungerte Mädchen aus den USA und die Weintrauben schenkten wir dem Busfahrer. Bis zum Anschlag vollgefuttert wie wir waren, hatten wir ja noch genügend Zeit unsere riesigen Wasserbäuche auszuruhen.
Nach der höllenlangen Bussfahrt erreichten wir in den Abendstunden Ushuaia, die südlichste Stadt Argentiniens, auf Feuerland.
Zum Glück mussten wir nicht noch nach einem Hostel suchen. Wir wurden vor Ort von zwei älteren Ladys abgefangen die uns in ein Super gemütliches kleines Hostel mitnahmen. Nein, nicht solche Weiber, wie ihr jetzt denkt, wirklich nette Damen! Endlich angekommen fielen wir nur noch ins Bett.
Ich werde seit meinem Urlaub oft gefragt wie das Wetter da unten auf Feuerland so war. Ein Spruch dem wir auf unserer Tour, auf einem Schild gelesen haben beschreibt es ganz gut: „Do not ask about the weather, we are in Patagonia, the only thing we know is, that sunrise is at 07:30am.“ Im Großen und Ganzen lässt sich aber sagen, wir hatten riesen Glück, denn fast immer strahlte der pure Sonnenschein auf uns herab. Was ich sehr schnell auch ganz besonders meiner Nase anmerkte.
Die nächsten Tage nutzten wir dazu, die Gegend rund um Ushuaia unsicher zu machen. Was uns zu erst auffiel, es gab hier unten einige deutsche Busse, mit Rentner-Ehe-Pärchen die schon seit Jahren in Nord- und Südamerika unterwegs sind. Wenn ich meine Rente so erleben könnte, ich würde drei Kreuze machen! Auf jeden Fall hatten die einige spannende und teils auch nicht ganz jugendfreie Storys zu erzählen, bäh.
Neben ein paar kleinen Trekkingausflügen nahmen wir zudem an einen Segeltörn im Beagle Canal teil, um die Tier- und Pflanzenwelt zu beobachten. Zuerst ging es zu einem kalen Felsen voller Seelöwen. Ein echtes Schauspiel, diese Faulpelze von Nahem zu beobachten. Nun navigierte uns der Skipper auf eine kleine verlassene Privatinsel voller seltener Pflanzen- und Vogelarten.
Unter anderem zeigte er uns die Nester der Königs-Kormorane. Sie leben in großen Kolonien zusammen und bauen ihre Nester meist an steilen Felswänden. Die Höhe der Nester zeigt eine bestimmte Rangfolge an und die Pärchen Leben meist bis an ihr Ende monogam miteinander.
Auch wenn wir nicht wollten, mussten wir doch schon bald die Heimreise nach Punta Arenas antreten. So ne Scheiße, schon wieder so ne lange Busfahrt. Nicht noch mal! Wir überlegten wie wir das umgehen konnten und so kam uns die brilliante Idee, bei einem kleinen Hobbyflughafen, der auch Rundflüge über Ushuaia anbot nachzufragen, ob sie mit uns auch ein klein wenig weiter fliegen würden. Gesagt getan.
Dort angekommen saßen da eine Reihe 18 jähriger Jungs, die munter am Flugsimulator spielten. „Hey Jungs kann uns jemand rüber nach Chile bringen?“ Ein sich für ziemlich cool haltender Typ mit Fliegerbrille kam zu uns rüber und meinte ganz lässig: „Kein Ding, kommt morgen wieder. Da schauen wir wie das Wetter ist.“
Wie es so kommen musste, war es am nächsten Tag recht stürmisch. Der am Vortag noch so locker wirkende Typ war nun keineswegs mehr so entspannt und meinte er hätte doch noch gar nicht soviel Flugstunden und er müsse sich erstmal mit den anderen besprechen. Wir waren nun ein wenig verunsichert und wollten eigentlich wieder gehen, waren aber zu höflich, einfach die Kurve zu kratzen. Und zu dumm!
Kurze Zeit später kam der Junge mit einem seriös aussehenden ältern Mann zurück. Er meinte zu uns, er würde den Flug begleiten und die Sache konnte starten. Wir quetschten unser Hab und Gut in die kleine Maschine, die keinesfalls für mehr als sechs Leute ausgelegt war und ab ging es über den Asphalt in Richtung internationaler Flughafen. Dort angekommen zerrten wir unsere riesigen Rucksäcke durch den Handgepäckscanner. Alles piepte, aber das war allen egal.
Der Flug konnte starten. Wir fuhren ewig auf dem Rollfeld entlang. Die winzige Maschine, die eher einer Nussschale als einem Flugzeug ähnelte, wurde schneller und schneller. Der junge Pilot wirkte aufgeregt und drückte wild auf allen Knöpfen herum (zum Glück strahlte der ältere eine gewisse Ruhe aus) und plötzlich hoben wir tatsächlich ab. Es war nur kein normales Starten, denn es ging um 90 Grad senkrecht nach oben. Das gefiel natürlich nicht jedem von uns. Während der eine noch mit seinem nervösen Magen rang, krallte sich der nächste Kollege in den Festhaltegriff und ließ ihn bis zum Schluss nicht los. Nachdem wir die Waagerechte wieder eingenommen hatten bot sich ein bombastischer Anblick auf die Landschaft unter uns und den Beagle Canal.
Auf unserem Flug ging es über die Anden-Kordillere mit megamäßigen Ausblicken auf eine raue, stürmische und naturbelassene Region. Man fühlte sich in diesem fliegenden Spielzeug wie in einer riesigen Achterbahn. Juhu! Ich bin da zum Glück nicht so. Während anderen die Angst ins Gesicht geschrieben stand.
Ein weiteres Highlight war natürlich ein Blick auf die Magelanstraße. Nach circa zwei Stunden Flug war unser Ziel auch schon in Sicht, als plötzlich eine energische, sehr aufgebrachte spanische Stimme aus den Lautsprechern dröhnte. Aber leider verstanden wir nichts von Alledem. Bei der Landung wurde es uns aber schlagartig bewusst. Kaum beide Räder auf dem Boden riss der Pilot das Steuer rum und hinter uns landete ein riesiges Flugzeug. Wie es aussah hatten wir keine Landegenehmigung erhalten!
Aber egal, wir hatten wieder Boden unter den Füßen und es war ein tolles Gefühl, so dreckig wie wir aussahen aus unsere Privatmaschine zu steigen und über das Rollfeld zum Ausgang zu laufen. Ich hatte das Gefühl, alle Leute auf diesem riesigen Flughafen drückten sich ihre Nasen an den Scheiben platt und wunderten sich, wer wir waren.
In Punta Arenas angekommen gab es nicht mehr soviel High Lights, denn die Stadt war schnell erkundet und so beschlossen wir noch ein paar kleine Kurzausflüge zu unternehmen. Zuerst ging es zu einer nahegelegenen Kolonie der Magellan Pinguine. Echt putzige Tiere! So trottelig ihr Gang auf dem Land aussieht, um so majestätischer schwimmen sie im Wasser. Aber Vorsicht! Versucht sie nicht von Nahem mit Blitzlicht zu fotografieren! Das mögen die gar nicht! Bei meinen Vorhaben dies zu tun fiel mich der kleine Vogel mit weit geöffneten Schnabel an und ich krachte vor Schreck rückwärts um. Das war schon peinlich!
Für unseren letzen Trip überlegten wir ins noch etwas ganz Besonderes. Wir mieteten uns einen Jeep und fuhren den Strand entlang.
Unser Ziel war ein Hostel mit Leuchtturm am südlichsten Punkt des südamerikanischen Kontinents. Ungefähr 10 Kilometer vorm Ziel blieben wir blöderweise im Sand stecken. Aber kein Ding. Männer wie wir sind, suchten wir ein wenig Treibholz zusammen und buddelten die Karre auf MacGyver-Art wieder aus. Nun ging es aber zu Fuß weiter.
Nach einer Weile waren wir dann endlich am Ziel angekommen. Es war ein Traum. Ein idyllisches kleines Häuschen mit einer aus Treibholz gebauten Bank davor. Die Front des Hauses bestand zum größten Teil aus Glas, durch die man beim Sitzen am Kamin, die sich direkt vorm Haus befindende Magelanstraße und das weit entfernt, gegenüberliegende Feuerland, beobachten konnte.
Der junge Bursche, den wir dort antrafen, wusste nicht mal welchen Monat wir gerade hatte! Ich muss sagen, wenn man mal eine Zeit in völliger Ruhe leben will, oder mit seiner Liebsten die Flitterwochen verbringen möchte, ist das mit Abstand der schönste Platz, den ich kenne. Aber soweit ist es ja noch nicht! Denn während ich so sinnierte brachte uns der Herbergsvater eine Flasche Wein und meinte das hier ab und zu auch Orca Wale auf dem Weg zur Antarktis vorbei kämen. Natürlich rissen wir alle sofort unsere Augen auf und zückten unsere Ferngläser, aber dieser Anblick blieb uns leider verwehrt. Dafür konnten wir einige Robben beim Spielen im Wasser beobachten und ich wurde ganz wehmütig, bei dem Gedanken bald wieder ins kalte und nasse Deutschland zurück kehren zu müssen. In dieses wundervolle Land hier will man definitiv zurück!