Die verbotene Stadt der Offiziere in Wünsdorf-Waldstadt ist ein Ort, den man so schnell nicht wieder vergisst. Ein echter Lost Place – ein verlorener Ort also – der dank der Touren von go2know besichtigt und fotografiert werden darf, ohne dass man mit dubiosen Führern oder auf Geheimwegen irgendwo illegal einsteigen muss, um abgeblätterte Farbe zu bewundern und sich am Ende noch den Knöchel zu brechen.
In die Lost City Wünsdorf geht das also auf völlig legalem Wege und mit kein bisschen weniger Spannung. Lernen kann man hier jede Menge und wer die Augen offen hält, der entdeckt viele Überbleibsel aus Zeiten, die Deutschland bereits hinter sich ließ.
Solch eine Tour mit Führung durften wir dank dem Tourismusverband Fläming e.V. kostenfrei erleben – und wir haben jede Menge Infos, aber vor allem ganz viele Bilder für euch mitgenommen! Dass ihr hinterher schon alles gesehen habt und gar nicht mehr selbst vorbei kommen müsst, ist übrigens ein Irrglaube, denn wir waren gerade einmal 2 Stunden vor Ort und haben noch viele der seit 1994 verlassenen Gebäude unentdeckt gelassen.
Lost City Wünsdorf Waldstadt – Die Verbotene Stadt der Offiziere
Hier stecken nicht nur über 100 Jahre Geschichte in den festen Mauern, sondern auch drei verschiedene herrschende Regime: Die verbotene Stadt erlebte das Kaiserreich, das Naziregime und die Sowjetzeit mit und wurde nicht nur für militärische Zwecke immer wieder umgebaut und erweitert, sondern auch Lebensort für Offiziere. In Spitzenzeiten der Sowjets erlebte Wünsdorf Waldstadt in den 1980ern bis zu 60.000 stationierte Offiziere gleichzeitig.
Der Ort war militärisches Ausbildungslager der kaiserlichen Truppen im Ersten Weltkrieg, später Sitz der Obersten Heeresleitung der Wehrmacht und nach dem Zweiten Weltkrieg Hauptquartier der Roten Armee in der DDR – bis zum Abzug 1994. – Deutschlandfunk
Um 1900 wurde die Anlage in Wünsdorf als Heeresturnanstalt gegründet. Hier sollten sich Offiziere ertüchtigen und in Sportarten wir Fechten, Reiten, Schießen und körperlicher Kraft üben. Nicht mehr alle dieser Räume sind erhalten. Die ehemalige Reithalle wurde unter sowjetischer Eignerschaft der Anlage zu einem Empfangssaal umgestaltet. Auch die ehemalige Turnhalle sucht man heute vergebens und findet stattdessen ein Theater mit tiefroten Sesseln und einer düsteren Bühne.
Wer hier hinter den Theater-Vorhang schlüpft, der kann sich die originale Bühnentechnik der Sowjetzeit ansehen. Der Bereich hinter der Bühne ist groß und seitlich von einem riesigen Fenster erhellt. Wer hoch hinaus möchte, ist hier am richtigen Ort der verbotenen Stadt: In diesem Raum sind die Leitern trittsicher und gut erhalten – wer unbedingt klettern will, dem würde ich es hier empfehlen.
Die Hauptgebäude bestehen vornehmlich aus Backstein und Sandstein. Man wollte prunkvoll zeigen, dass das Kaiserreich ewig überdauern kann. Ganz geklappt hat das zwar nicht – aber die Gebäude stehen noch. Im Gegensatz zu dem in den 70er Jahren erbauten Gebäude-Teil übrigens. Der ist nämlich einsturzgefährdet und kann leider nicht mehr betreten werden.
Wer dem einsturzgefährdeten Gebäude zumindest aufs Dach schauen möchte, der macht am besten einen Ausflug auf den höchsten Punkt des Hauptgebäudes und beklettert den Glockenturm. Für Höhenängstige ist das jedoch nicht unbedingt etwas – denkt bitte immer daran, dass ihr auf eigener Gefahr in der verbotenen Stadt unterwegs seid.
Zu Zeiten des Ersten Weltkrieges wurde in Wünsdorf die Telegraphen-Funk-Verbindungsstelle ausgebaut. Hier gab es die Anschlussstellen an denen die Telefonisten und Telefonistinnen die Verbindung von Telefongesprächen vorgenommen haben. Vielleicht habt ihr ein Bild von so einer Stecktafel schonmal in einer alten Dokumentation oder in der Serie Cable Girls gesehen. Vor Ort konnten wir diese leider nicht mehr bewundern.
Auch während der Zeit des Nationalsozialismus wurden hier Gespräche verbunden und abgehört. An Attentatsplänen auf Hitler sollen einige Telefonisten hier beteiligt gewesen sein. Ihr Schicksal war kein Gutes: Sie wurden auf dem Gelände gehängt. Der Ort dafür, die so genannte Todesallee, kann ebenfalls besichtigt werden. Wir waren jedoch nicht da. Auch den Soldatenfriedhof könnt ihr euch anschauen – er ist frei zugänglich und nicht an eine Tour durch die verbotene Stadt gebunden.
Zu Zeiten des 1.WK gab es auf dem Gelände von Wünsdorf ein so genanntes Halbmondlager. Hier wurden muslimische Soldaten in deutscher Gefangenschaft gehalten und ausgestellt wie im Zoo. Das Berliner Bürgertum reise an und schaute sich die Gefangenen als Attraktion an. Aus Brettern errichtete man zu dieser Zeit eine Moschee für die gefangenen Muslime, die heute als eine der ältesten – möglicherweise sogar die älteste – in Deutschland gilt. Ganz geklärt ist dieser Sachverhalt nicht, da die Moschee nicht mehr existiert.
Muslimische Häftlinge wurden laut Aussage unseres Führers von go2know zu Zeiten des 1. Weltkrieges besser behandelt, als andere Gefangene. Man erhoffte sich von ihnen eine Zusammenarbeit gegen die Briten und ließ ihnen deswegen Freiheiten wie die Moschee und eine Lagerzeitung, die übrigens Jihad hieß.
Noch heute zu sehen: Die sowjetische Zeit der Anlage
Das Hauptoffiziershaus unter sowjetischem Besitz ist das größte Gebäude, das wir besichtigt haben. Lange Flure werden von offenen Türen gesäumt und erzeugen ein bizarres Spiel von Hell und Dunkel in dem geschichtsträchtigen Bau.
In den oberen Etagen findet man Erinnerungen an den sowjetischen Stolz: Die heute leeren Felder auf den Wänden waren einst mit Plaketten gefüllt, die Kriegshelden ehren sollten.
Das Gebäude diente der Steuerung und Verwaltung, aber auch hier kam Kultur – stets Hand in Hand mit gewünschter Beeinflussung – nicht zu kurz. Teile der alten Radiostation haben wir in einem unbeleuchteten Raum sogar noch entdeckt. Offiziell durfte man natürlich ausschließlich sowjetisches Radio mit sozialistischen Inhalten empfangen.Der Wunsch nach einem Ausweg aus der Not dieser ewigen Kontrolle und Gleichheit, hat auch in Wünsdorf eine ganz besondere Freundschaft hervor gebracht: Die bis 1994 stationierten Radiomacher freundeten sich zur Wendezeit mit der einheimischen Bevölkerung an – diese besorgten ihnen Kassetten mit Musik.
In diesen letzten Jahren vor und nach der Wende, herrschte in der verbotenen Stadt Wünsdorf Waldstadt stetige Überfüllung: Um die 60.000 Soldaten waren stationiert. Nach der Wende sollten sie Zug für Zug das DDR Gebiet verlassen, was schlussendlich der Oberkommandierende Borlakow als Letzter tat. Die direkte Zugverbindung von Moskau und Wünsdorf bestand schon seit den 60ern. Jeden Abend um 8 fuhr ein Zug nach Moskau und verband die Heimat der russischen Soldaten und den Ort, den wir noch heute besichtigen können.
Wünsdorf Waldstadt war zu Zeiten der Roten Armee ein echter kultureller Hotspot. Theater, Kino, Fechten & Co. standen auf dem Programm – noch heute kann man Spuren davon entdecken – wenn auch viele Orte, wie zum Beispiel das alte Kino, heute nur noch leere Räume sind, deren abblätternde Wandfarbe zu Tage trägt, dass hier nicht nur die Regime, sondern auch die Farbvorlieben mit den Jahren wechselten.
Beim Abzug der sowjetischen Soldaten wurden die Gebäude größtenteils von Wichtigem und Wertvollem geräumt. Was noch da blieb, wurde später entfernt und ist heute zum Teil in Museen zu sehen. Der Lost Place steht für sich – verloren, alt und voll mit Historie, statt Gegenständen.
Was ist richtig für mich: Fragen stellen, allein fotografieren, oder mit Freunden stromern gehen?
Wer sich für die Hintergrundinformationen zu den einzelnen Gebäuden und Räumen interessiert, der ist bei einer Tour von go2know gut beraten sich immer dicht an den Guide zu halten. Die Guides von go2know kennen sich super gut aus und nehmen sich auch die Zeit um persönliche und tiefergehende Fragen zu beantworten.
Wer zum Fotografieren mit Freunden da ist, dem würde ich empfehlen eine Tour zu machen, die am Besten voll mit tollen Leuten ist, die ihr schon mitbringt. Hier ist es super wichtig, dass ihr rechtzeitig bucht, da es nur möglich ist einzelne Plätze zu buchen! Wenn ihr euch ganz bestimmte Motive vorstellt, dann fragt einfach mal beim Guide nach ob er euch empfehlen kann, wo ihr stromern gehen sollten. Die sind die Experten auf dem Gebiet und können euch direkt Tipps geben, was eine gut gewählte Fototour für eure Zwecke sein wird. Im Gebäude seid ihr nämlich völlig frei und es passiert, wenn man nicht weiß, was noch alles kommt leicht mal, dass man etwas ganz Tolles verpasst, weil man sich so lange an einem Ort aufhält, den man entdeckt hat.
Solltet ihr auf eine eigene Entdeckungsreise gehen wollen um euch treiben lassen und einfach mit offenen Augen diesen Ort zu erkunden, dann würde ich euch ebenfalls empfehlen vorher mal mit mit eurem go2know Guide zu sprechen und vor allem den Gebäude-Plan mitzunehmen, so dass ihr immer grob wisst, wo ihr seid. Sucht euch eine Tour aus und nehmt euch vorher die Zeit genau zu schauen, welche Gebäude ihr unbedingt sehen möchtet. Die Lost City ist groß und erfordert, dass ihr eure Zeit sinnvoll einteilt.
Sicherheit – Worauf muss ich achten?
Die Verbotene Stadt ist ein echter Lost Place – hier wird nichts renoviert oder in Stand gehalten. Bitte achtet unbedingt auf eure Sicherheit und auch auf die der anderen Entdecker vor Ort. Klettert nicht auf lockere Bretter, zerbrochene Steine oder alles andere, dass euch nicht fest und sicher erscheint. Es gibt einen Grund dafür, dass ihr vor der Tour unterschreibt, dass ihr allein für euch haftet. Ihr habt hier nicht die Erlaubnis wie aufgeregte Kinder euren Verstand komplett auszuschalten. Eine Tour durch die Verlorene Stadt ist kein museumsartiges Vintage-Erlebnis, sondern ein echtes Stück Historie zum Anfassen, das im Zweifelsfall eben genau das ist, was man auf den Bildern hier sieht: Alt und Zerbrechlich.
Einige Bereiche der Lost City in Wünsdorf-Waldstadt sind abgesperrt – bitte respektiert das und bringt niemanden in Gefahr. Die Stadt ist so offen zugänglich, wie es ohne große Gefährdung möglich ist. Wenn ein Bereich nicht betreten werden darf, dann hat das schon seinen Grund.
Also: Prüft alles auf das ihr klettern möchtet immer vorher, springt nicht auf irgendwas hinab und lasst lieber im Zweifel ein spannendes Bildmotiv weg, als euch und andere in Gefahr zu bringen. So – Sicherheitshinweise angekommen? Dann zum Spaß an der Sache! Packen wir mal den Entdecker-Koffer:
Ausrüstung – Was nehme ich mit?
Damit ihr vollen Spaß an der Sache haben könnt, empfehlen wir euch, ein paar Dinge dabei zu haben und auch auf eure Kleidung zu achten. Einige der Dinge, die wir gleich aufzählen, sind uns erst vor Ort aufgefallen – geht also bei den Fotos davon aus, dass ihr nicht alles abgebildet seht, was wir euch empfehlen würden.
- Festes Schuhwerk
- Robuste Kleidung, die auch ordentlich Dreck abbekommen kann, in der ihr euch aber den ganzen Tag gut bewegen könnt
- eine Taschenlampe (einige Bereiche sind komplett ohne Licht – es lohnt sich aber, diese anzugucken!)
- Handy für Erreichbarkeit im Notfall, falls doch etwas passieren sollte
- Feuchte Tücher um die staubigen Hände abzuwischen, wenn ihr nach eurer Tour wieder in die Zivilisation eintreten möchtet 😉
- Genug Trinken & Essen mitnehmen und unbedingt vorher auf die Toilette gehen! (Geheimtipp: Beim Theatersaal gibt es eine Toilette, die noch funktioniert – hierzu einfach mal bei den Guides nachfragen.)
Wir wünschen euch jede Menge Spaß in der verbotenen Offiziersstadt Wünsdorf Waldstadt und sagen Dankeschön an den Tourismusverband Fläming e.V. & go2know, dass ihr diesen Bericht möglich gemacht habt!