Alleine eine Stadt zu erkunden ist schön.
Gemeinsam eine Stadt zu erkunden ist schöner!!
Wenn ihr Freunde oder gute Bekannt habt, die in einer anderen Gegend oder Stadt leben, besucht sie! Zögert nicht, sonst ärgert ihr euch womöglich, wenn sie irgendwann von dort wegziehen und ihr einen Besuch bei ihnen nie realisieren konntet.
Oft habe ich schon erzählt bekommen, dass man Freunde, die gerade erst an einen neuen Ort gezogen sind lieber nicht gleich besucht, sondern wartet, bis sich besagter Kumpane oder besagte Kumpanin in der neuen Heimat auskennt. Das ist eine leidige Ausrede für all die Prokrastinationskünstler unter uns, die lieber auf die vermeintliche Perfektion oder den einfachen Weg hoffen, anstatt die Schuhe anzuziehen, loszulaufen und das spontane Glück zu finden.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es unheimlich spannend ist, jemanden an seinem neuen Wohnsitz zu besuchen und gemeinsam auf Erkundungs- und Entdeckungstour zu gehen. So flog ich neulich für ein Wochenende nach Edinburgh um meiner lieben Freundin Kim an ihrem neuen Studienort einen Besuch abzustatten
Freitag – Die Ankunft & erste Erkundungstour
Vom Flughafen Edinburgh kommt man am schnellsten mit dem Airlink Bus ins Stadtzentrum. 7,5 Pfund kostet das Hin- und Rückfahrticket, mit dem ihr in einer guten halben Stunde an der Endstation Waverley Station seid, an der sich auch der Hauptbahnhof befindet.
Auffallend ist die Freundlichkeit der Schotten. Mit einem „Good morning sweetheart“ werde ich vom Busfahrer begrüßt und fühle mich ertappt, als ich nach meinem Gegengruß weiterlaufe und sein „How are you?“ nur noch aus dem Augenwinkel mitbekomme. Ich rolle meinen Trolley wieder ein paar Meter zurück, um ihm zu antworten und bin erstaunt über sein ernsthaftes Interesse an meiner Befindlichkeit und an der jedes weiteren Gastes, der zusteigt.
In der Stadt angekommen, regnet es. –Natürlich. Ein Regenschirm kann hilfreich sein, aber auch zu einer Bedrohung werden. Starker Wind ist dank der Meeresnähe keine Ausnahme. Der eingefleischte Schotte trotzt dem Wetter in seiner Barbour Jacke und kariertem Schal und verzieht keine Miene, wenn Regen und Wind ihm ins Gesicht wehen.
Mit Scones bewaffnet (a must when in Britain) machen Kim und ich uns direkt auf den Weg zum Meer. Wenn ich neue Städte kennenlerne und diese am Wasser liegen, schaue ich mir immer erst den Strand oder die Promenade an. Dadurch bekomme ich ein gutes Feeling für den Ort, zugleich hilft es mir dort so richtig anzukommen. Oft stellt sich dann ein Urlaubsgefühl ein, ich liebe diesen Moment!
Und wie könnte es anders sein, am Strand angekommen hat der Regen aufgehört! Welcome to Portobello Seaside!
Mit dem Bus geht es vom Strand zurück in Richtung Stadt. Die Schotten sind ein ausgesprochen verkleidungsfreudiges Völkchen. Das merkt man gerade in der Weihnachtszeit nicht nur an der Unzahl stolz getragener Christmas Sweater und Papierkronen, die man beim Weihnachtsessen trägt, auch der Busfahrer überraschte uns in professioneller Santa Verkleidung samt Glocke, die er an jeder Station fleißig läutete. Genial!
Wer nach Edinburgh reist, sollte unbedingt Arthur’s Seat, den Hausberg der schottischen Hauptstadt, besteigen. Von hier aus kann man die gesamte Ausdehnung der Stadt bewundern.
Dank des Regens und der klirrenden Kälte entschließen Kim und ich uns aber dafür auf den weniger hohen Calton Hill zu steigen. Auch von hier hat mein einen wunderbaren Blick auf Edinburgh und Umgebung.
Zum Aufwärmen gehen wir anschließend ins Lovecrumbs, ein sensationelles Kuchencafé, das mich irgendwie an Berlin erinnert.
Cake only lautet hier die Devise und ich werde bei meinem nächsten Besuch mit Sicherheit wieder kommen, im Fenster sitzend Kuchen verspeisend und das Treiben auf der Straße beobachten.
Mit einigen von Kims Kommilitonen verbringen wir den Abend in der Student Union Teviot Row House, in der sich sechs verschiedene Bars befinden. Am beliebtesten ist die Library Bar, in der man auf zwei Etagen verteilt sitzt und eine Ansammlung von Büchern um sich hat. Über eine winzige Wendeltreppe aus Holz kommt man zur oberen Etage, von der aus man die Bar gut im Blick hat. Alles ist in dunklem Holz und rot gehalten und ich fühle mich einerseits wie ein Mitglied eines englischen Country Clubs und andererseits sehr an die Welt von Harry Potter auf Hogwarts erinnert.
Bald ist Weihnachten und während wir durch Edinburghs verwinkelte, steinerne Gassen zu Kims Wohnung laufen, wird mir dies sehr bewusst. Alles ist hier irgendwie geschmückter, dunkler und uriger als in Berlin. Man ist dem Ländlichen so nah und doch so eingebettet in die Stadt. Die Bauten aus dunklem Stein wirken kalt und verbreiten dennoch Gemütlichkeit und Geborgenheit. Dunkle Ecken findet ihr hier viele, aber sie sind durchzogen von Weihnachtsbeleuchtung und Pubs, aus denen der Schotte feuchtfröhlich lacht.
Samstag – Die Magie des Ortes
Zum Frühstück gehen Kim und ich ins The Elephant House, der sogenannten Geburtsstädte Harry Potters. J.K. Rowling hat hier viele Stunden schreibend im Hinterzimmer des Cafés verbracht, von dem aus man einen guten Blick auf Edinburgh Castle hat.
Mein Gefühl vom Vorabend wird in diesem Café nur noch verstärkt. Irgendwie ist Edinburgh ein magischer Ort! Die Frau hinter dem Tresen spricht mich mit „Hello darling“ an, die Schotten sind wirklich freundlich, denke ich und bin ganz selig über meinen Entschluss, spontan zu meiner Freundin geflogen zu sein.
Wenige Meter weiter befindet sich, gegenüber des National Museums of Scotland (Royal Museum), die Statue von Greyfriars Bobby, einem kleinen gefeierten Terrier, der nach dem Tod seines Herrchens 14 Jahre lang dessen Grab bewachte. Ein Muss für alle Hundeliebhaber unter uns. Es soll übrigens Glück bringen, wenn man Bobbys Nase reibt.
Besser als erwartet kann man in Edinburgh shoppen gehen. Neben vielen Souvenirläden, insbesondere auf der Royal Mile, findet man eine Unzahl schöner Concept Stores, Whisky Shops, Antiquariate, Herrenausstatter, Büchergeschäfte und Galerien.
Ich bin kein Freund von Gift Shops, jedoch empfehle ich Gladstone’s Land. Gladstone’s Land ist ein sechsstöckiges Granithaus aus dem 17. Jahrhundert, das eindrücklich verdeutlicht, wie stark man damals, durch die streng gezogene Stadtmauer, gezwungen war in Höhe und Tiefe, anstatt in die Breite zu bauen. Diese Enge hat maßgeblich zum Erscheinungsbilder der schottischen Hauptstadt beigetragen und verleiht ihr ein ganz besonderes Flair. Es befindet sich ein kleiner Souvenirshop im Haus, der in authentischer Weise die schottische Kultur und Besonderheiten zum Kauf anbietet.
Ich habe mir dort einen original Porridge Spurtle gekauft. Das ist ein Holzstab, mit dem man früher Haferbrei rührte und der sich gut als kleines Mitbringsel eignet.
Wer Freude an Kunstdrucken, Postkarten, Postern und ähnlichem hat, wird in der Red Door Gallery glücklich. Genial ist auch Context, ein Retroladen gleich daneben, in dem man stundenlang stöbern und kaufen kann.
Wenn ihr Old Town ausreichend erkundet habt, bietet auch New Town viele schöne Einkaufsmöglichkeiten. Princess Street und George Street bilden hier die Haupteinkaufsstraßen. Wer kein Fan von Menschenmassen ist, sollte sich die Princess Street sparen und dafür lieber einen kurzen Abstecher in die George Street unternehmen. Hier sind die Geschäfte zwar etwas teurer, dafür aber weniger überfüllt und einzigartiger.
Zu dieser Jahreszeit ist es nicht überraschend, dass die Sonne früh unter geht. Vor dem Abendessen machen Kim und ich noch einen Abstecher ins The Dome, der wohl am meisten und festlichsten geschmückte Spot Edinburghs zu Weihnachten. Wer Bock auf einen riesigen Weihnachtsbaum und ein Lichtermeer hat, der sollte hier kurz vorbei gehen und sich einen Cocktail gönnen.
Man kann Edinburgh gut zu Fuß entdecken und so machen Kim und ich uns anschließend wieder auf den Weg nach Old Town um im The Outsider essen zu gehen.
Ich kann das Lokal nur empfehlen. Mittags ist es gut bezahlbar. Von 12 bis 17 Uhr kosten die meisten Gerichte circa 7 Pfund. Abends steigen die Preise, aber die coole Location im Industrial Look hat zu Recht ihren Preis. Kim und ich sind von der Inneneinrichtung und dem guten Vibe ganz begeistert und belohnen uns nach all den Stunden auf den Beinen mit Gnocchi im Rosmarinsalat.
Sonntag – Die letzten Stunden
Nur noch ein paar Stunden bleiben mir, dann muss ich mich auf den Weg zum Flughafen machen. Da Kim und ich beide Fan von kulinarischen Erlebnissen sind, entscheiden wir zum Abschluss typisch englisch bzw. schottisch im The Blackbird frühstücken zu gehen. Hier gibt es am Wochenende breakfast all day. Bestellt euch unbedingt den English Breakfast Tee!
Auf dem Weg zur Bushaltestelle kreuzt uns noch ein Ghost Bus, mit dem man schaurige Touren durch die Stadt machen kann. Die Gäste werden an Bord mit Live Acting unterhalten und zu gruseligen Friedhöfen gefahren. Ich fühle mich wieder an Harry Potter erinnert und hätte gerne mehr Zeit gehabt um diese irgendwie mystische, raue Stadt, voller toller Ecken, Magie und Kunst zu entdecken. Es muss und wird ein Nächstes-Mal geben!
Bis dahin, goodbye my dear!