Wer nach echten outdoor Winterkleidung Tipps sucht, der darf sich heute entspannt zurück lehnen und diesen Artikel durchstöbern, denn wir haben uns heute ganz besonderen Profi Rat geholt: In diesem Beitrag verrät euch Wilderness Guide Johannes Kormann alles, was ihr Rund um das Thema Winterkleidung wissen müsst. Und wer sich noch an unser Abenteuer mit ihm in Lappland erinnert, der weiß – Johannes kennt sich aus!
In den nächsten Wochen und Monaten würde ich euch gern mit nach draußen nehmen. In die unbarmherzige, kalte, raue Natur des Nordens. Doch wer nicht Yeti ist, der muss eines tun bevor er vor die Tür tritt: Die richtige Winterkleidung anziehen. Doch was? Und wie? Und wie viel? Vor allem im Winter? Bei Bewegung? Schweiß? Kälte und eisigem Wind? All diese Fragen werde ich versuchen zu beantworten und wer danach noch nicht schlauer ist, der darf gerne weiter fragen.
Der Winter: Dunkel. Kalt. Matschig – Da will man nicht raus! Schon gar nicht weiter als bis zum Auto oder zum Supermarkt. Dabei gibt’s auch in den dunklen Monaten mit der richtigen Winterkleidung da draußen so viel zu entdecken! Denn Stille der Natur ist noch eindrucksvoller, wenn auch die Vögel jeden Funken Energie sparen um durch diese harte Zeit zu kommen.
Mit der richtigen Winterkleidung kannst auch du die Kälte rocken!
Was hält uns davon ab die schlafenden Winterlandschaften zu entdecken? Die Kälte wahrscheinlich am meisten und die Feuchtigkeit und der Wind, die es noch schlimmer machen. Dabei ist Anziehen im Winter so einfach. Das Gute: Man kann es drinnen machen und dann gewappnet vor die Tür schreiten.
Also wo anfangen? Wie auch in den anderen Jahreszeiten gilt bei Aktivitäten im Winter: das Zwiebelprinzip. Winterkleidung sollte in Schichten getragen werden. Ob beim Winterwandern oder schnellem Langlauf – irgendwie muss die Feuchtigkeit von unserem Körper weg und am besten raus aus der Kleidung entweichen. Je nach Anstrengung werden die Schichten entweder weniger oder mehr.
Ohne Baselayer? Das wäre der nackte Wahnsinn.
Wir fangen unten an: Da sind erstmal Haut oder Haare oder eine Mischung in verschiedenen Verhältnissen. 😉 Direkt darauf sollten Stoffe getragen werden die, die vom Körper ausgehende Feuchtigkeit zwar aufnehmen, aber dann gleich wieder abgeben. Merinowolle zum Beispiel hat ein großartiges Tragegefühl, fühlt sich immer angenehm warm an und hemmt durch seine besonderen antibakteriellen Eigenschaften die Bildung von starken Gerüchen. Sie ist aber leider nicht sehr langlebig, zumindest die dünnen Varianten reißen schnell an kritischen Stelle wie den Achselhöhlen, am Ellenbogen, am Knie oder im Schritt, jedenfalls bei jemandem wie mir, der die Sachen fast jeden Tag trägt. Da hält Merinokleidung gut ein Jahr und dann ist sie mit Löchern zersetzt.
Viele Hersteller mischen ihre Merinoprodukte mit synthetischen Fasern um die Langlebigkeit zu erhöhen und trotzdem die Vorteile der Wolle zu behalten. Eine andere Möglichkeit wären synthetische Stoffe. Die sind langlebig, jedoch nicht ganz so angenehm auf der Haut und riechen auch wesentlich stärker. Bei reinen Tagesaktivitäten ist das sicher egal, aber wenn man für mehrere Tage draußen unterwegs ist, macht das schon einen Unterschied.
Man findet auch Unterwäsche aus herkömmlicher Schafwolle, die mir persönlich sehr gut gefällt und langlebig ist, aber für viele direkt auf der Haut zu kratzig ist. Seit ein paar Jahren gibt es außerdem Unterwäsche aus Bambus. Die habe ich leider noch nicht selber getestet. Ganz abraten würde ich auf jeden Fall von Unterwäsche aus Baumwolle, die saugt die Feuchtigkeit auf und das war’s dann auch. Der Stoff bleibt nass und kühlt den Körper zusätzlich.
Die goldene Mitte – So bleiben Bauch und Rücken warm
Unser Körper konzentriert sich bei der Verteilung der Wärme als erstes auf unseren Rumpf. Dort sind alle lebenswichtigen Organe und deshalb sollte dieser auch beim Anziehen die höchste Priorität haben. Ist der Rumpf nicht warm genug, werden auch die Extremitäten kalt bleiben.
Die mittleren Schichten eurer Winterkleidung zwischen Unterwäsche und Außenschicht variieren je nach Aktivität und Temperatur. Wenn man zum Beispiel im Winter joggen geht oder Langlaufski fährt, reicht meistens schon ein dünner Fleece, ein Pullover aus Merino oder normaler Schafwolle oder eine dünne Weste mit synthetischer oder Schafwollfüllung. Daunenwesten sind für schweißtreibende Aktivitäten nur bedingt geeignet, da sie ihre isolierende Wirkung verlieren wenn sie feucht werden und die Feuchtigkeit nur langsam wieder abgeben.
Bei der Beinbekleidung sieht es ähnlich aus, allerdings braucht man hier meist eine Schicht weniger als am Oberkörper, da die Beine nicht so kälteempfindlich sind. Der Aufbau ist jedoch der gleiche, die Feuchtigkeit muss raus und sollte sich auch hier nirgendwo festsetzen können.
Man sollte sich vor der Auswahl seiner Winterkleidung folgende Fragen stellen:
- Wie lange gehe ich raus? Zwei Stunden? Einen Tag? Zwei Tage?
- Bewege ich mich die ganze Zeit?
- Werde ich Pausen machen? Werde ich diese Pausen draußen machen? Oder Drinnen? Oder an einem Feuer?
- Kann ich einen Rucksack mitnehmen?
Als Faustregel für Aktivitäten im Winter (oder auch im Frühling und Herbst) kann man sagen: Zieht euch so an, dass euch warm ist wenn ihr rausgeht und dann zieht ihr eine Schicht wieder aus, steckt sie in den Rucksack und nehmt sie mit für die Pause, damit ihr dann nicht auskühlt. Der Vorteil der verschiedenen Kleidungsschichten ist nämlich auch, dass ihr sie ständig anpassen und variieren könnt.
Der Wetterschutz – Bei Regen und Schnee optimal trocken
Die äußerste Hülle eurer Winterkleidung dient dazu euch vor Wind und Wetter zu schützen. Da ist ein Blick auf die Wettervorhersage ganz nützlich. Beispielsweise reicht bei trockenem bis feuchtem, kaltem Wetter eine Außenschicht aus Fleece oder Schafwolle. Beides transportiert Feuchtigkeit vom Körper weg und hält auch das Gröbste von außen ab. Sollte es dazu noch Wind geben oder ihr euch schneller bewegen, solltet ihr etwas tragen, dass den Wind vom Körper abhält wie zum Beispiel Filz, Softshell oder Baumwolle, welche die Feuchtigkeit aufnimmt und sich dadurch verdichtet.
Hardshell-Jacken und Hosen mit Funktionsmembran haben es im Winter schwer, da die Feuchtigkeit an der Innenseite kondensiert und gefriert bevor sie durch die Membran abdampfen kann. Das führt dazu, dass sich in eurer Jacke bei starken Minustemperaturen eine Frostschicht bildet.
Generell sollte man sich auch hier fragen: Kann ich meine Kleidung abends irgendwo trocknen oder muss ich damit noch ein paar Tage draußen überstehen?
Bei längeren Touren oder Pausen ist eine Daunen- oder Primaloftjacke praktisch zum Überziehen. Diese sind leicht, klein zu verpacken und geben schnelle, wohlige Wärme.
Kopf, Hand, Fuß – Auch die Extremitäten wollen geschützt werden
Auch beim Kopf, bei den Händen und bei den Füßen gilt: Schichten. Das größte Problem sind für die meisten kalte Füße. Vor allem wenn man sich bewegt und dann Pause macht.
Wichtig für warme Füße ist die Größe der Schuhe und ihre Bodenisolation. Man sollte genug Platz in den Schuhen für zwei Paar Socken haben und der Schuh sollte auf keinen Fall drücken. Ist der Schuh zu klein, werden die Socken zusammengepresst und verlieren dadurch ihre isolierende Wirkung und es entstehen Kältebrücken. Auch hier muss man sich fragen: Was mache ich und wie lange? Wenn man die ganze Zeit in Bewegung ist wie beispielsweise beim Skaten mit Langlaufski, dann reichen ein Paar Socken und die dünnen Langlaufschuhe. Steht man allerdings mehrere Tage auf dem Hundeschlitten, muss schon ein Paar mehr Socken in die Schuhe passen.
Wer Probleme mit Schweißfüßen hat sollte auch hier auf Baumwollsocken verzichten. Am besten ein Paar Synthetik, Merino oder normale Schafwollsocken und darüber noch ein dickes Paar von Omas selbstgestrickten Wollsocken. Dann noch genug Platz im Schuh und es bleibt warm.
Das zweite wichtige Kriterium für warme Füße ist die Bodenisolation. Winterschuhe haben meist schon dickere Sohlen, die den Fuß weiter vom kalten Boden abheben. Da kann man noch nachhelfen indem man die Innensohlen durch Filzsohlen austauscht oder sich die Standardsohlen als Schablone nimmt und sich aus einer alten Schaumstoffmatte die Sohlen selber bastelt.
Sowohl der Filz als auch der Schaumstoff werden allerdings mit der Zeit durch das Körpergewicht zusammengedrückt und müssen ersetzt werden. Die Schuhe haben es im Winter besonders schwer. Sie sind ständiger Feuchtigkeit ausgesetzt, von innen und außen und haben kaum Gelegenheit richtig durch zu trocknen.
Wichtig bei längeren Touren sind Innenschuhe. Das Futter sollte möglichst nicht mit der Außenhülle verbunden sein und zum Trocknen herausgenommen werden. Wie auch bei den anderen Mittelschichten sollte das Futter aus Filz oder synthetischem Stoff bestehen, der die Feuchtigkeit weiter transportiert. Hier wird es jetzt schwierig. Außen der Schnee, innen der Schweißfuß. Selbst Leder als sehr atmungsaktives Material hat es da schwer die Feuchtigkeit zu transportieren. Es bildet sich eine Eisschicht zwischen Innenschuh und Futter und der Schuh friert eventuell zusammen, hier sollte man beim Herausnehmen vorsichtig sein.
Meine bevorzugte Variante sind Lederschuhe mit einem Gummirand, so genannte Pac Boots. Das Leder ist recht dünn, trocknet somit schnell. Aber Achtung, man sollte die Schuhe maximal bei Zimmertemperatur trocknen, da sonst das Leder spröde wird und reißt. Die Innenschuhe hingegen lassen sich herausnehmen und auf der Heizung trocknen.
Für ganz nasse Angelegenheiten gibt es Gummistiefel mit Innenschuhen. Hier wird es von innen auf jeden Fall feucht, aber das meiste bleibt draußen.
Bei trockenem Schnee sind reine Filzschuhe praktisch. Diese Atmen sehr gut und halten den Schnee draußen. Letztendlich gibt im Winter oft das Fortbewegungsmittel (Ski, Schlittschuh, Snowboard, usw.) den Schuh vor und man muss sich darauf einstellen.
Mützen sind eine eigene Welt für sich. Den Hauptteil unserer Körperwärme verlieren wir über den Kopf, also sollte man auch hier sich die Frage stellen: Wie warm wird mir bei dieser oder jener Aktivität und wie kann ich Schwitzen und Frieren durch die richtige Kopfbedeckung vermeiden oder zumindest regulieren? Meist hat man eine Schicht auf dem Kopf und für diese gilt, wie auch für die restliche unterste Schicht: Sie soll Feuchtigkeit von der Haut weg leiten und den Kopf trotzdem nicht auskühlen. Für die Materialwahl bedeutet das: Wolle oder Synthetik. Keine Baumwolle. Wird es kälter und ihr bewegt euch gar nicht, dann hilft eine dünne Mütze oder ein Buff und darüber eine dickere Mütze nach dem Zwiebelprinzip wieder. Darüber am besten noch eine großzügige Kapuze in der man sich zurückziehen kann.
Große Kapuzen sorgen dafür, dass sich vor dem Gesicht ein Luftpolster bildet, dass das Gesicht vor der unmittelbaren Kälte schützt. Das Fell – heute bitte ein Kunstfell oder Omas recycelter Pelzmantel- an der Außenseite der Kapuze bricht außerdem den Wind, der vorbei fegt. Ein warmer, behaglicher Rückzugsort.
Ein spezieller Teil der Kopfbedeckung ist besonders im Spätwinter und Frühling ganz wichtig: die Sonnenbrille. Sie wärmt zwar nicht, schützt aber davor, dass man sich die Augen durch den hellen Schnee und die von ihm reflektierte Sonne verblitzt.
Und dann die Hände… Solange man sich getrost in ein Paar Handschuhe zurückziehen kann ist ja alles gut, aber wehe dem man muss die 10 Würste dann doch mal bei Minusgraden aus der Pelle holen und benutzen. Für viele sind dünne Fingerhandschuhe die Lösung, doch so richtig warm halten die auf Dauer dann doch nicht und kalte Finger sind unangenehm. Ich bevorzuge daher so oft es geht Fäustlinge, mit viel Platz drinnen und langen Stulpen, die man am besten mit einem Kordelzug fest um den Unterarm zurren kann. Die Fäustlinge gehen schnell aus- und anzuziehen und dadurch das drinnen alle nebeneinander sitzen, wärmen sich die Finger auch wesentlich schneller auf.
Generell gilt hier wie auch bei den Schuhen, man sollte genug Platz haben. Zu kleine Handschuhe wärmen nicht. Herausnehmbare Innenhandschuhe sind praktisch und lassen sich im extremen Schweißfall wechseln, nur sollte man sich dann überlegen vielleicht einfach die Überhandschuhe auszuziehen.
Seid ihr länger draußen unterwegs, egal ob mit Zelt, Tarp oder in der Hütte, denkt daran eure Kleidung nach jeder Aktivität zu trocknen! Wer am Morgen in feuchte Schuhe schlüpft, der wird den ganzen Tag mit nass-kalten Füßen verbringen. Eine Ausnahme ist das Winterzelten. Hier behält man die feuchte Kleidung an, zieht die Schuhe aus und trocknet beides am besten am offenen Feuer, mit gebührendem Abstand!
Zieht eure Winterkleidung aus, bevor ihr schwitzt!
Man hat viele Möglichkeiten seine Körperwärme über die richtige Winterkleidung zu regulieren. Das erste wäre wohl das Ablegen von Schichten, am besten nicht erst wenn man schwitzt, sondern wenn man merkt, dass es zu warm wird. Dann die Handschuhe aus, Unterarmreißverschlüsse auf, Reißverschlüsse am Hals öffnen oder die Mütze absetzten. Das sind bereits Kleinigkeiten mit großer Wirkung. Man sollte versuchen trocken zu bleiben und sich vor Wind zu schützen. Schwitzen kann man nicht gänzlich verhindern, aber minimieren.
Bei allen größeren Vorhaben, längeren Touren oder neuer Ausrüstung solltet ihr eure Kleidung vorher so gut es geht daheim, also im Park, im Garten oder im nahegelegenen Wald testen. Es gibt keine Universallösung, nur ein paar Punkte auf die ihr achten müsst und dann werden auch die Wintererlebnisse zu einer warmen und sehr eindrucksvollen Erfahrung.
Johannes‘ outdoor Winterkleidung Tipps Zusammenfassung – das solltet ihr euch merken
- Besonders bei anstrengenden Aktivitäten im kalten Wetter ist das Vermeiden von Feuchtigkeit sehr wichtig
- Fellkapuzen helfen gegen Wind, außer er kommt direkt von vorne
- Wichtig bei Schnee und Sonnenschein: Sonnenbrille!
- Alles was geht am Feuer trocknen
- Im Frühling kann man seine Kleidung auch schon an der Sonne trocknen
- klassische Materialien wie Filz oder Pelz sind auch heute noch unschlagbar in der Kälte – fragt doch mal bei Oma, was da noch so auf dem Dachboden schlummert 😉
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