𝗣𝗦𝗬𝗖𝗛𝗜𝗦𝗖𝗛𝗘 𝗚𝗘𝗦𝗨𝗡𝗗𝗛𝗘𝗜𝗧, wird bei uns auch oft als seelische, geistige, oder mentale Gesundheit betitelt und damit irgendwie zerlegt. Als könnte man eine Blume besser verstehen, wenn wir uns ihre Einzelteile, nicht aber ihr Wirken im Ganzen besehen. Im Englischen gibt es dafür ganz einfach die Benennung mental health. Unsere psychische Gesundheit gleicht einem Zustand des Wohlbefindens, in dem wir unsere Fähigkeiten nutzen, unsere normalen Lebensbelastungen zu bewältigen, um einen produktiven Beitrag zur Gemeinschaft leisten zu können. Ihr merkt schon, hier liegt der Hase im Pfeffer. Denn wie so oft bei uns in Deutschland, werden Produktivität und Leistungsfähigkeit als Maßstäbe angesetzt. Doch wer entscheidet, über DEINE psychische Gesundheit, am Ende, doch nur DU selbst. Nicht DEIN Arbeitgeber, nicht DEINE Familie oder Mitmenschen.
𝗣𝗦𝗬𝗖𝗛𝗜𝗦𝗖𝗛𝗘 𝗚𝗘𝗦𝗨𝗡𝗗𝗛𝗘𝗜𝗧 ist nichts “Gegebenes”, das uns einfach in den Schoss gelegt ist. Wir müssen uns genauso darum bemühen und sie im Auge behalten wie unser körperliches Wohl. Brenzlig wird es hier meistens erst, wenn wir selbst merken, dass etwas aus dem Ruder läuft, dass wir eben nicht mehr so gut funktionieren, es problematischer wird, uns „einzugliedern“ und „anzupassen“, dass unsere Emotionen uns mehr und mehr in Anspruch nehmen.
Yoga, Meditation und Co. können kleine innere Verschnaufpausen verschaffen, ein Urlaub kann eine Auszeit sein. Ich nutze selbst die Tools und bin sehr dankbar dafür. Doch manchmal reicht dies eben nicht aus. Wenn DU trotzdem nicht raus aus DEINEM Kopf & DEINEN Gefühlen kommst, darfst DU Hilfe in Anspruch nehmen. Und es ist nicht DEINE Aufgabe von Anfang an zu wissen, welche Art von Unterstützung dies sein kann. Es gibt so vielfältige Unterstützungsangebote, wie es unterschiedliche Bedarfe an Hilfe gibt.
Ich selbst habe mir auch für Anfang September einen online Termin für ein Erstgespräch einer Psychotherapeutischen Sprechstunde vereinbart. Und bin so dankbar & freue mich darauf.
Ich folge hier dem Impuls, dass ich die Dinge, die mir zu schaffen machen, gerne angehen, für mich ordnen und ins Gleichgewicht bringen würde. Und dabei ist mir ein Hilfsangebot willkommen.
Zuerst habe ich im Netz recherchiert und nach Praxen in meiner Nähe Ausschau gehalten. Dabei bin ich irgendwie nicht wirklich voran gekommen. Dann habe ich mich mit Freunden über meinen Wunsch nach einem Unterstützungsangebot für meine mentale Gesundheit unterhalten und die haben mir einen Tipp gegeben. Das BIPP. BIPP steht für das Berliner Institut für Psychotherapie und Psychoanalyse. Vielleicht ist es auch für DICH interessant, deshalb habe ich es hier verlinkt. Wie es nun weiter geht, sehen wir im September, doch bis dahin, möchte ich noch einige Gedanke mit euch teilen.
Das letzte Jahr hat mir sehr zu schaffen gemacht, meine Existenzgrundlage – der Reisejournalismus – hat sich aufgelöst, auf Freiseindesign ist es still geworden. Alle Aufträge für das komplette Jahr 2020 sind innerhalb einer Woche weggebrochen. Das war ein Schock, von dem ich mich erstmal schnell erholt habe, den ich aber immer noch tief in meinen Knochen spüre und der mich nicht loslässt. Ich hatte nie Existenzangst, bis jetzt. Meine Ersparnisse neigen sich, ich versuche Neues, aber es ist schwer, manchmal zu schwer, wenn nicht alles so klappt, wie ich es mir wünsche. Dann zweifle ich direkt an mir. Das hätte ich früher nicht getan. Mein Fell ist dünner, der Panzer dicker geworden.
Doch ich gebe nicht auf. Habe eine Ausbildung zur Aromatherapeutin gemacht und versucht hier durchzustarten. Ich wage mich in den Bereich der nachhaltigen Mode vor und entwickle eine vegane Mäntelkollektion mit, auf die ich mich sehr freue. Ich unterrichte Yoga und ich liebe es.
Aber ans Schreiben, habe ich mich nicht heran trauen können. Nicht wirklich. Es war, als würden mir die Worte fehlen. Als würde meine innere Sprachlosigkeit sich in meiner Unfähigkeit niederschlagen, mich an meinen Rechner zu setzten. Und um so länger ich nichts schrieb, um so größer wurde der Druck. Innen wie außen.
Um mich herum (so meine Wahrnehmung) wurde die Krise kreativ genutzt. Es wurden Bücher geschrieben, neue Lebensentwürfe geplant, Häuser gekauft, Nachwuchs gezeugt… Ich weiß, ich soll nicht nicht vergleichen, doch habe ich aktuell nicht die Kraft es nicht zu tun. Ich – blieb zuhause. Ich schottete mich ab. Ich bin gern allein, das ist gar kein Problem. Ich habe das gerne gemacht, um meinen Beitrag zu leisten. Und doch nagte diese allgegenwärtige Gefahr, die Krise viel mehr an mir, als ich bemerkte.
Gesundheit & Nachhaltigkeit haben für mich neue Stellenwerte eingenommen. Sie sind mir noch wichtiger geworden. Ich denke viel über Arbeit und Familie nach. Doch ich komme nur sehr schwer ins Tun. Ich habe das Gefühl, ich bin irgendwo unterwegs verloren gegangen, dort in meiner Wohnung, an meinem Schreibtisch, mit meinen regungslosen Händen. Ich sehe mich und sehe mich doch nicht.
Ich habe wahnsinnig viel gelesen und ich habe mich immer mehr zurückgezogen, in Welten, die mir besser gefallen als meine eigene. Kommentare von Menschen, die mich früher nie getroffen hätten, verletzen mich jetzt. Intensiv.
Oft bin ich froh, manchmal auch sehr traurig. Fühle mich einsam mit all dem.
Was ich damit sagen will, wir zeigen Menschen immer nur Teile unserer eigenen Realitäten und das ist vollkommen fein, denn wir können selbst entscheiden, welche das sind. Ich wünsche mir, dass wir sensibler und feinfühliger miteinander sind. Dass wir aufeinander aufpassen, nachfragen, ohne die Antwort, die wir hören wollen, schon in der Frage mitzusenden.
Warum maßen wir uns an, andere zu beurteilen, ihnen Ratschläge zu geben, ohne, dass danach gefragt wurde. Könnt ihr euch vorstellen, wie oft ich als Frau mit Ende 30 von Männern darauf hingewiesen werde, dass meine biologische Uhr tickt, dass ich zu- oder abgenommen habe, dass mir meine Kleidung gut oder schlecht steht… Klar prallen solche Aussagen oft ab, aber eben nicht immer. Sie machen etwas mit uns Menschen… bringen das eigene Chaos, dass ohnehin schon reichlich vorhanden ist, noch mehr ins Wanken. Sie können unsichtbare Verletzungen schaffen. Und Narben die bleiben – wenn wir keine Selbstfürsorge betreiben.
Deshalb hier meine ganz offene Bitte an DICH take care for yourself. Denn das kannst nur DU für DICH tun.
Ich werde meinen Termin im September wahrnehmen. Und indem ich DIR diesen Text, mein Herz niedergeschrieben habe, fühlen meine Finger schon ein wenig von ihrer früheren Schreibfreude. Alles darf, nichts muss, ist viel leichter gesagt, als getan, aber vielleicht war es genau dieser kleine Schritt, auf meinem Weg, der wichtig und gut für mich ist. Und vielleicht hilft mein „darüber sprechen wie es mir wirklich geht“ – auch dir. Und wenn mir danach ist, halte ich DICH darüber auf dem Laufenden. Und wenn nicht, dann bleibt privat, was privat sein möchte.
DEINE Friederike