Gespannt blicke ich auf den langen Laufsteg. Die Show von REBEKKA RUÈTZ geht gleich los und noch bin ich guter Dinge. Dies ändert sich aber relativ schnell, denn schon die ersten daher starksenden Models tragen Entwürfen an den Leibern, die materialtechnisch auf dem Christopher Street Day eine Chance hätten, jedoch selbst für diesen Anlass aufgrund ihrer Matschfarbigkeit unangebracht wären. Was ist denn nur passiert?!
Mystisch sollte es bei REBEKKA RUÈTZ zugehen. Der Titel der aktuellen Kollektion SPLENDOR SOLIS – DER GLANZ DER SONNE weist schon darauf hin, denn er nennt eine große Inspirationsquelle just beim Namen, nämlich ein illustriertes alchemistisches Manuskript aus dem 16. Jahrhundert, welches sich mit der Wirkung des Stein der Weisen befasst. So weit, so gut. Zum Althergebrachten mixt Frau dann aber auch noch eine gehörige Portion Futurismus, der sich in den glänzenden Stoffen und vielleicht auch in der Gesichtsklebetattooliebe der Designerin äußert. Hm. Die Models sind irgendwie unschön mit schwarzen, filigranen Folien malträtiert worden. Vielleicht ein bisschen too much, für die ohnehin schon irgendwie düster und trist wirkende Show?
Dem Titel SPLENDOR SOLIS – DER GLANZ DER SONNE untergeordnet (wobei ich immernoch auf der Suche nach der Sonne bin), finden sich auf dem Laufsteg außerdem drei weitere Themen wieder, die die österreichische Designerin in ihre Stücke einfließen lässt:
Thema 1: Die Sanduhr. Natürliche Körperformen werden hier weiter gedacht und an den Schultern und Hüften ausgeweitet, um eine schmale Taille zu schaffen.
Thema 2: Die Abstufung. Durch das Spiel mit Länge an Stellen, an denen man Kürze erwartet (und andersherum) entsteht ein ganz eigener fließender Eindruck.
Thema 3: Die Ellipse. Kokon-artige Jacken werden beispielsweise benutzt, um die Schärfe abzumildern, die durch die ausgedehnten Silhouetten entsteht. Hört sich nach ziemlich vielen Einflüssen an.
Bleibt nur zu hoffen, dass sich all diese Gedanken und Themen nicht im Wege stehen. An sich oute ich mich gerne als neugierige Anhängerin der sympathischen Designerin aus dem Süden. Bei einem Treffen vergangene Woche berichtete sie, wie sehr sie es liebt, in ihrer Heimat in den Bergen zu leben, wie abgeschieden und ruhig es sei, ohne Fernseher und Zeitung und wie sehr sie die Natur inspiriere.
Ich hoffe auf alle Fälle, dass sie bei ihrer Rückkehr aufs Land diesmal eine andere, inspirative Reiseroute wählt und zukünftig wieder etwas mehr in die „Lady like“ Richtung ausschwenken wird, für die ich sie so mag. Keine Frage, es ist super, dass all ihre Stücke pflegeleicht und per Handwäsche zu reinigen sind (fragt jetzt lieber nicht, wie wir darauf gekommen sind), aber ganz unter uns, dann lieber ab und zu ein Teil zu Reinigung bringen, als diesen Knisterabwischlook ausführen, oder was meint ihr?