Man predigt uns, niemals den Blick nach hinten zu wenden. Ok. Aber haben wir auch nur eine Ahnung, einen kleinen Schimmer von dem, was wir dadurch verpassen? Wir von Freiseindesign meinen schon. Und deshalb widmen wir diesen Post der Retro Perspektive – Warum es sich lohnt, doch mal über die Schulter zu linsen.
Nostalgie wurde von der Kulturanthropologin Alaida Assmann treffend als „ Liebe auf den letzten Blick “ bezeichnet. Diese auf uns verklärt wirkende Art des Betrachtens sollten wir aber nicht mit der konservativen Idee verwechseln, dass „…früher alles besser war“… Nein wir streben nach anderem. Sinnbildlich gesehen wollen wir in der Ästhetik vergangener Zeiten baden. Wir wollen Eleganz und Extravaganz. Zu diesem Zweck machen wir zwar die Augen auf, aber beginnen damit Trends vergangener Jahrzehnte zusammen zu würfeln und nennen diesen Eklektizismus kurz und bündig „Retro“ und kreieren daraus unseren phänomenalen Lifestyle von übermorgen.
„Retro“ hat keine Angst Farben zu kombinieren oder Grenzen zu überschreiten. Und das wirkt – warum auch immer – stilsicher. Und egal wohin wir blicken, in welches Gesicht wir schauen oder welchen Körper wir erkunden – wirklich immer finden wir eine Spur Retro. Seien es Make – Up, Klamotte, oder Körperkunst in Form von Tattos, vielleicht sogar die Möbel in unserer Wohnung. Während wir diese Zeilen für euch verfassen, leben wir Retro, tragen Schuhe im Granny – Style und wenn wir so unsere Handtaschen und juten Beutel angucken – naja, ihr wisst, was wir meinen. Es ist ein Lebensgefühl und es ist wahrlich lebenswert. Auch wenn wir die 20er – 70er Jahre frei von der Leber weg mit Stolz vertreten, gibt es doch eines zu beachten – die die innere Einstellung. Denn unter dem hippen Retrodesign schlummern moderne Gedanken. Frauen werfen sich euphorisch in enge Etuikleider, sind adrett gekleidet, zwängen sich in auf Taille geschnürte Gewänder, die selbst bei Windstärke 8 nicht vom Winde verwehen. Auch das ist ein Fortschritt, den wir der sonst perfekten Ms. Monroe voraus sind, denn wir entscheiden uns dafür, weil wir Lust darauf haben. Doch wollen wir auch wirklich zurück in die Zeit, nur weil ihre Möbel unsere Wohnung verschönern und ihre Hütchen unseren Kopf schmücken? Dazu von uns ein ganz klares – Nein. Aber wozu dann das alles? Heute ist es so, dass Frauen wie auch Männer nicht nur ihren Beruf frei wählen dürfen, sondern auch ihre Kleidung, ihre Sexualität, ihren Lebensstil. Kinnhoch geschlossene Blusen sperren uns jetzt nicht mehr ein, knallenge Kleider lassen uns nicht mehr glauben, wir würden uns jeden Augenblick durch einen Erstickungstod vom Leben verabschieden. Das kam nicht von heut auf morgen, wir verdanken es einer ganzen Reihe von glücklichen Zufällen und straken Vorbildern. In den goldenen Zwanzigern wurde die Lebenslust neu entdeckt und das spiegelte sich natürlich auch in der Mode wieder. Die Taille wanderte auf Oberschenkel – Höhe und die Röcke rutschten über die Knie, glitzernde Stirnbänder, Bubiköpfe, und der androgyne Stil der Frauen ist bis heute noch absolut in. Auf jedem Laufsteg sehen wir Frauen, bei denen wir zwar keinen üppigen Busen entdecken, die aber trotzdem unglaublich weiblich wirken. Diesen Trend haben wir dieser Zeit zu verdanken. Androgynität als Schönheitsideal. Und was würden wir nur ohne die Avantgardisten Coco Chanel, der britischen Melone, die verführerischen Smokey Eyes und die heiß geliebten knallrote Lippen tun? Diese Frage bleibt uns zum Glück erspart. In den modebewussten 50er und 60er Jahren verabschieden wir uns vom braven Dasein, knien nieder vor Twiggy, die mit ihrem knabenhaften Aussehen für Aufsehen sorgte und heißen die Hosenanzüge, große Hüte, Schlaghosen, durchsichtige Blusen, Herrenpullis mit V – Ausschnitt, Karomuster und die Kraft der Blumen aufs herzlichste willkommen. Bonbon – rosa und mintgrün gepaart mit ultrahohen Plateaus machen unheimlich gute Laune. Da wundert man sich auch nicht mehr, wo der Spaß an der Sache bleibt. Sixties forever! Die 70er Jahre lebten nach dem Motto: Je größer, desto besser. Das betrifft sowohl die Frisur, als auch die Klamotten. Die Frauen toupierten was das Zeug hält und die Herren der Schöpfung vergaßen einfach das Rasieren und machten daraus einen Trend. Auch die Dauerwelle, den Military – Look, den Minirock und die Batikmode nehmen wir aus dieser Zeit mit. Ob ihr auf all das verzichten könntet, müsst ihr selbst überdenken, doch wir befinden, dass diese vergangene Zeit uns bis heute prägt und unser Leben bunter und schöner macht denn je. Wir dürfen uns verkleiden, unsere Haare schmücken und trotzdem wir selbst bleiben, uns definieren und ein Teil unserer Omis und Opis in unser Wohnzimmer holen und sie an unserem Leben teilhaben lassen. Diese vergangenen Jahrzehnte wollten gefeiert werden, also tun wir es für sie mit Open End und dem Glamour der Postmoderne.
Und wenn ihr nach all unseren Schilderungen nicht mehr an auch halten könnt und einfach unbedingt Farbe und Kitsch für Körper und wie Butze benötigt, dann empfehlen wir euch natürlich Omis Kleiderkammen zu durchforsten, Opis alten Sessel zu stibitzen, Papas Trainigshose einzupacken und Muttis Lockenwickler auszuprobieren aber vor allem auch einen Besuch im Retro etc.! Und es wird euch die Sprache verschlagen!
Text Lisbeth Borck & Friederike Franze Freiseindesign /// Fotos: Friederike Franze Freiseindesign