„Ich habe jetzt erstmal für 4 Tage ein Zimmer für uns gebucht. Für alles weitere in Seoul, mache ich gerade einen Masterplan.“
Diese Nachricht erhalte ich ein paar Tage vor meiner großen Reise in den fernen Osten. Ich bin unglaublich aufgeregt. Alles außerhalb Europas kenne ich nicht. Bin nie länger als 2 Stunden mit dem Flugzeug unterwegs gewesen und nun plane ich eben mal einen 18 Stunden Flug nach Seoul in Südkorea. Ich freue mich wahnsinnig und halte voller Stolz meinen Reisepass in den Händen. Der erste Stempel wird aus Südkorea sein! Hätte mir das jemand vor einem Jahr gesagt, ich hätte lauthals gelacht.
Anfang Januar ist es endlich soweit. Ich wartete aufgeregt und voller Spannung am Hamburger Flughafen auf meine Maschine, die mich zuerst nach Istanbul bringen soll um dann weiter nach Seoul zu fliegen. Flugangst gepaart mit einer leichten Erkältung und einem ordentlichen flauen Gefühl im Magen, lassen mich den gesamten Flug über nicht wirklich zur Ruhe kommen. Ich kann mich erst entspannen, als ich meinen Koffer vom Laufband am Flughafen Incheon nehme.
Ich bin mittlerweile fast einen Tag unterwegs und habe Hunger, bin müde und will nur noch eine heiße Dusche nehmen. So ein Langstreckenflug ist tatsächlich nicht gerade gemütlich. Doch als ich am Flughafen den Ausgang erreiche bin ich schlagartig nicht mehr kaputt – bin nur noch glücklich endlich da zu sein.
Meine erste Nacht in Seoul – Schlummern unter dem Dach des Hausschweins
Mit der Metro geht es ab in Richtung Seoul zu unserem ersten Hostel auf dieser Reise: Das Seoul Base Camp. Für Paare vielleicht nicht gerade geeignet, da die Wände nur aus Spanplatten bestehen und man wirklich sogar das atmen der Zimmer Nachbarn gehört hat. Aber dieses Hostel ist sauber, es gibt sehr nette und hilfsbereite junge Mitarbeiter die aus aller Welt kommen und es gibt ein Hausschwein auf dem Dach. Ja wirklich, ein Hausschwein!
Im Preis mit inbegriffen ist ein Waffelfrühstück und es gibt in der genial großen Dusche, was für Korea wirklich eine Ausnahme ist, freies Shampoo und Duschgel. Also Ideal für Backpacker die nicht viel Gepäck mitschleppen wollen.
Nachdem wir auf einen kurzen koreanischen Snack – es gibt Bibimbab, kurz das Zimmer verlassen haben, geht’s auch sofort ins Bett. Und siehe da, ich kann trotz großer Müdigkeit absolut nicht einschlafen. Der Jetlag lässt grüßen …
Hippe Studenten in den modernen Spuren der Vergangenheit
Am nächsten Tag besuchen wir das Universitätsgelände der Sungkyunkwan University (SKKU). Die Universität ist die älteste Universität in Asien, an der rund 25.000 Studenten studieren.
Auch wenn die Universität heute sehr modern ist, findet man auf dem Campus noch die traditionellen Häuser die auch für Touristen eine Attraktion sind. Absoluter Tipp, seht euch auf dem Universitätsgelände um und hinter der Uni gibt es sogar einen Weg der euch durch einen Wald in die verwinkelten Häusergassen führt.
Vom Dach der Universität sehe ich zum ersten Mal einen kleinen Teil dieser spannenden Millionen Metropole und kann es kaum erwarten, noch mehr zu sehen in den nächsten Tagen. Danach ging es ins angrenzende Studentenviertel in Hyehwa. Hier sind hauptsächlich junge Koreaner und Studenten unterwegs und es gibt viele Cafés.
Überhaupt sind Cafés in Korea ein großes Ding. Themencafés vor allem sind sehr beliebt. Für jede Leidenschaft, jedes Hobby und jeden Geschmack gibt es hier das passende Café. Das lasse ich mir natürlich nicht nehmen und wir besuchen ein Wäschbären Café.
Typisch koreanisch verrückt! Meine Besuche im Wäschbären- und Hunde-Café
Richtig gelesen. Waschbären! In diesem Café gibt es vier von ihnen. Nach 20 Minuten Warten vor dem Cafe und umgerechnet 5 Euro Eintritt kommen wir an die Reihe. Doch kaum sind wir drinnen entscheiden sich die kuscheligen Speckies ihren Mittagsschlaf zu machen. Tja, da kann man wohl nichts machen. Einen Kaffee trinken wir aber trotzdem gemütlich und die Waschbären-Schlafnasen, die sonst im Café für herum tollen, wollen auch noch fotografiert werden. Es gibt kleine Verstecke und Kletterwände an denen sich die Waschbären die Zeit vertreiben können. Außerdem gibt es einen abgetrennten Raum in dem die Waschbären ihre Ruhe haben können, wenn sie wollen. Einen Verhaltenscodex erhält man natürlich als Besucher natürlich auch – schließlich soll ja niemand zu Schaden kommen.
Für die weniger mutigen unter euch, die trotzdem kuscheln wollen, gibt es auch Hunde-, Katzen- und Schaf-Cafés. Da ich doch etwas traurig war, dass wir keinen Waschbär in Action erleben konnten, besuchen wir einige Tage später ein Hunde-Café. Auch hier zahlen wir einen Eintritt von 6 Euro. Dabei ist das erste Getränk gratis und eine Nachfüllung kostet jeweils 1,50 Euro.
Am Eingang bekommt man eine Kuscheldecke und die Anweisung, dass man seine Jacken und Taschen in den Regalen an der Wand verstauen soll. Auch wird uns erklärt und mit Bildern gezeigt, dass es ein paar Hunde gibt, die man nicht ärgern sollte und die es nicht mögen wenn man sie zu sehr in Beschlag nimmt.
Ihr setzt euch einfach auf den Boden oder auf eine der Bänke und es dauert nicht lange, bis einer der kleinen Racker zu euch getapert kommt und mit euch kuscheln will. Mein Kumpel im Hunde-Café hat mich sicher schon alleine wegen unser Vorliebe für die gleiche Frisur ausgesucht. Mega süß! Absolut zu empfehlen wenn ihr, wie ich, Hunde mögt und euch leider keinen eigenen holen könnt.
Das Hunde-Café in dem wir waren befindet sich in einer beliebten Shoppingmeile die unterhalb des N Seoul Tower liegt. Somit schlagen wir an diesen Tag gleich drei Fliegen mit einer Klappe. Kuscheln, Shopping und der erste Berg auf dieser Reise, der Namsam mit seinem Funkturm, dem N Seoul oder einfach Namsam Tower.
Vom Namsam Berg überblicke ich das Lichtermeer der Metropole
Kleiner Tipp: Wer fit ist geht den Berg zu Fuß, wer es nicht ist, macht es so wie ich trotzdem. 😉 Der Aufstieg dauert immerhin nur 20 bis 30 Minuten und die Aussicht von dort oben ist wunderschön. Mit der Seilbahn geht’s zwar bedeutend leichter aber die Wartezeit und ein paar WON kann man sich ruhig sparen. Denn bereits von unterwegs kann man unglaublich tolle Bilder machen.
Auf der Aussichtsplattform am Fuße des N Seoul Towers empfängt einen nicht nur eine atemberaubende Aussicht, auch Tausende von Love Locks sind hier an jeder freien Stelle des Geländers angebracht. Es ist eine dieser modernen Traditionen, dass verliebte Paare hier ein Liebesschloss anbringen und sich ewige Liebe schwören.
In verschiedenen Städten habe ich das schon gesehen, jedoch nirgends so ausgeprägt und bunt wie hier! Oben angekommen, kann man die Stadt im Lichtermeer genießen. dabei muss man meiner Meinung nach nicht zwingend den N Seoul Toweer hinauf fahren. Die Plattform am Fuße des Towers reicht vollkommen aus und ist auch kostenlos.
Ey, du coole Socke! Dich nehm ich mit!
Ein bisschen Shoppen waren wir ja auch noch an diesem Tag. In Korea kann man als Frau das nämlich ganz wunderbar. Allerdings muss man tatsächlich klein und zierlich sein, aber was mich am meisten interessiert, passt eigentlich immer: Socken. Ich liebe Socken! Ich bin wohl einer der wenigen Menschen, die sich wahnsinnig an Weihnachten freut, wenn sie Socken bekommt. Damit hat sich Seoul in mein Herz geschlichen. An jeder Ecke gibt es Socken und mit den witzigsten und coolsten Motiven die man sich wünschen kann. Meistens kosten diese unter einem Euro pro Paar! Ganz klar dass ich ordentlich zugeschlagen habe!
Unser Streifzug zwischen Tradition und Zukunft
Was in Korea überall auffällt ist, dass wirklich jeder die ganze Zeit mit dem Smartphone beschäftigt ist. So gut wie jeder hat einen Selfiestick und es wird wirklich alles fotografiert was einem vor die Nase kommen kann. Kein Wunder, dass es an vielen öffentlichen Plätzen Ladestationen fürs Handy gibt.
Das wohl traditionellste Erlebnis hingegen hatte ich, als wir nach einem vegetarischen Restaurant gesucht und uns dann im buddhistisch veganen Sanchon wieder gefunden haben. Das Restaurant liegt ein bisschen versteckt in einem der Hinterhöfe des Insa Dong Viertels und zu unser Überraschung gab es nur ein Menü zur Auswahl. Da hier alles sehr beeindruckend und traditionell gehalten war, habe ich hier kaum Fotos gemacht. Irgendwie fühlte es sich nicht angebracht an. Also haben wir einfach alles probiert und genossen, was uns unsere Bedienung an den Tisch gebracht hat und waren erstaunt, überrascht und beeindruckt von der Vielfalt und den verschiedenen Geschmacksvariationen die wir an diesem Abend vorgesetzt bekommen haben. Wir hatten wahnsinniges Glück, als wir gerade das Essen beendet hatten, fand gegen 20 Uhr die traditionelle Tanzshow in dem Restaurant statt, die wir miterleben durften. Seid also am besten schon um 19:00 Uhr da, damit ihr nichts verpasst. Alles in allem war das einer der Abende der mir am meisten an dieser Reise in Erinnerung bleiben wird. Für alle die Lust haben und mal in Seoul sind, gönnt euch einen Abend hier.
Nach all den tollen und neuen Erlebnissen waren wir dann aber auch ganz schön platt. Kein Wunder also das wir am Folgetag unfassbar lange geschlafen haben und dann abends „nur“ noch ein Besuch auf einem der berühmten Foodmarkets in Seoul drin war.
Vegetarisch Essen in Seoul? – Der Gwangjang Market hat mich gerettet
Die Erfahrungen auf dem Gwangjang Market waren wieder ganz andere als das bisher Erlebte: Es war sehr voll, an jeder Ecke hat es anders gerochen und es gab soviele Eindrücke, dass ich mich dort tagelang hätte aufhalten können. Sicherlich wären dann noch einige hunderte Fotos mehr im Kasten gelandet.
Außerdem habe ich hier sehr gute Kimchi Mandus gegessen. Das sind mit der asiatischen Variante von Sauerkraut gefüllte Teigtaschen. Da ich schon seit Jahren kein Fleisch esse, war es recht schwer für mich in Korea etwas ohne Fleisch oder Fisch zu bekommen. Daher war ich für diesen Fund sehr dankbar. Märkte dieser Art gibt es in Seoul so einige. Dieser jedoch ist einer der größten und vielseitigsten.
Der Metropole entfliehen und Entspannung im Garden of Morning Calm finden
Einen Tagesausflug nach Gapyeong haben wir mit dem Zug unternommen. Dort befindet sich eine Attraktion, die auch die Einheimischen gerne als Tagesausflug mit ihren Kindern oder Partnern machen: The Garden of Morning Calm. Im Frühjahr und Herbst sicher noch beeindruckender, aber alleine der Weg dorthin war schon ein kleines Abenteuer.
Wenn man kein Koreanisch spricht, dann ist es etwas schwierig den Garten zu erreichen, aber nicht unmöglich. Wir haben uns mit Händen und Füssen und ein bisschen Koreanisch durchgeschlagen und es hat sich mehr als gelohnt.
Der Garten ist wunderschön angelegt und schon bei Tageslicht ein absoluter Hingucker. Als sich zum Abend hin die Lichter eingeschaltet haben, haben wir zuerst fast Augenschmerzen bekommen – Es ist einfach zu viel. Zu bunt, zu Bling Bling und an jeder Ecke „romantische“ Musik. Reizüberflutung pur.
Doch nach ein paar Runden sind wir voll im Fieber und können nicht genug Fotos machen. Für die Rückfahrt gönnen wir uns aber diesmal ein Taxi und keine abenteuerlustige Busfahrt. Denn Taxifahren ist tatsächlich sehr günstig in Korea und so zahlen wir vom Garten bis zum Bahnhof für eine ca. 30 Minütige Fahrt umgerechnet 11 Euro. In Deutschland wohl undenkbar!
Kleiner Tipp: Fahrt am besten vom Bahnhof aus mit dem Taxi zur Busstation oder direkt rauf zum Berg. Es ist nicht so einfach ohne Koreanischkenntnisse die Busstation zu finden.
Auf nach Gyeongju – Wir reisen in die Hauptstadt des Silla Reiches
Ein letzter Punkt, auf unserer To-Do-Liste, war die Stadt Gyeongju im Südosten Südkoreas. Die Stadt befindet ganz in der Nähe zum Japanischen Meer und ist mit dem Bus von Gangnam-gu 강남구, einem der 25 Stadtteile Seouls, in 4 Stunden für etwa 17 Euro pro Person zu erreichen.
Die ehemalige Hauptstadt Gyeongju ist mit seinen Altertümern ein beliebtes Touristenziel und wird auch als das „Museum ohne Mauern“ bezeichnet. In Gyeongju dürfen zum Glück keine Wolkenkratzer gebaut werden, das spiegelt sich natürlich im Charme dieser Stadt wieder.
Natürlich will man in der ehemaligen Königsstadt auch herrschaftlich schlummern und so entschieden wir uns für ein Motel direkt am Busbahnhof. Das Apple Motel kann ich absolut empfehlen – es war sauber und gut gelegen. Der Besitzer war wohl ganz froh, mal ein paar Besucher zu haben, die nicht nur das Motel als Love Motel nutzen wollten, sondern tatsächlich mal was von der Stadt sehen wollten, so dass er uns für die zweite Nacht noch ordentlich Rabatt gegeben hat.
In Korea ist es übrigens üblich, dass Paare in ein Love Motel gehen. Meistens wohnen junge Koreaner noch bei ihren Eltern, haben dort nur kleine Zimmer und daher gar keine Möglichkeit ein paar Stunden allein zusammen zu verbringen. Von daher gibt es an so gut wie jeder Ecke Love Motels, die stundenweise oder auch für eine Nacht gebucht werden können. Man bekommt sogar am Empfang ein kleines Kosmetiktaschen mit Kondomen, Zahnbürste, Rasierer, Duschgel und noch anderen Kleinkram den man für die Nacht gebrauchen kann. Die Zimmer sind oft sehr günstig und mit beheizten Betten ausgestattet. Aber an dieser Stelle komme ich vom eigentlichen Thema ab.
Denn wir sind vor allem hier, um den Tempel Bulguksa zu besichtigen, der seit dem Jahr 2000 zum Unesco Welterbe gehört. Ganz in der Nähe unseres Motels ist die Busstation und wir finden schnell den richtigen Bus in Richtung des Tempels.
Bei herrlichem Wetter haben wir hier einen der tollsten Tage in Korea. Auch wenn ich zum Schluss wieder 2,5 Kilometer nur bergauf und Treppen laufen darf, ist es auf dem Gipfel unglaublich schön. Man kann bis zum Japanischen Meer schauen, dem ich wohl nie mehr so nah sein werde. Auch der Weg zum Tempel ist einfach wunderschön und mit bunten Lampignons gesäumt.
Eine Reise die ich so schnell nicht vergessen werde. Wohl möglich, auch die Reise meines Lebens und eine Reise die mir meinen ersten Stempel in meinem Reisepass beschert hat.
Mein Koffer ist vollgepackt und ja ich gebe es zu, einiges darin sind nur Socken. Ein bisschen Angst habe ich schon wie ich dem Zollbeamten erklären soll, dass die auch wirklich nur zu privaten Zwecken sind. Zum Glück kam ich nicht in Erklärungsnot, das koreanische Schweinchen hat mir wohl Glück gebracht.
Ich möchte dieses Land auf jedenfall noch einmal besuchen. Gerne im Spätsommer oder Herbst. Es gibt einige Dinge die mir Zuhause erst bewusst geworden sind, die ich gerne näher erkundet hätte und ausprobiert hätte. Bis dahin, schwelge ich in Erinnerungen und träume ein bisschen von Korea und hab dabei meine liebsten Socken von dieser Reise an …