Healthy ist das neue Sexy. So einfach wie es klingt, ist es aber gar nicht. Auch wenn ich persönlich das gerne anders hätte. Obwohl ich versuche immer bewusster zu leben, kommen mit der eingekehrten Achtsamkeit auch Probleme auf, von denen ich früher nie gedacht hätte, dass ich mir darüber mal den Kopf zerbrechen würde. Und das, im wahrsten Sinne des Wortes.
Morgens nach einer irgendwie unbegründbaren Nacht total gerädert aufzuwachen und den Tag mit Kopfweh und Gliederschmerzen zu starten, mag mal gehen, als Dauerzustand, wie er bei mir gerade vorherrscht, scheint dies aber kaum erträglich. Es ist nicht so, dass ich von Einschlafproblemen geplagt bin. Ich falle abends todmüde ins Bett, immer in der Hoffnung auf die wohltuende Erlösung des Dämmerzustandes, aber nichts ist. Es ist fast ein bisschen wie in „Und täglich grüßt das Murmeltier“ nur, dass ich grummelnd mehr einer „Grumpy Cat“ ähnle , welche das Murmeltier böse anfunkelt und am liebsten fragen würde: „Ist das dein Ernst?!“
Außerdem „freue“ ich mich über Müdigkeit und Erschöpftheit den Tag über. „Du arbeitest zuviel“ meinen die einen. „Schalte mal einen Gang runter“ die anderen. „Du brauchst einen Ausgleich.“ Wie wäre es mit „Sport“? „Bewegung tut gut und hift dir beim Schlafen.“ Und ja, mache ich. Ich mache das alles! Ich quäle mich aus dem Bett, zelebriere die mir liebste Mahlzeit des Tages mit einem heißen Apfelporridge und meinem grünen Matcha, mag es meinem Tagebuch guten Morgen zu wünschen und nehme meine Me-Time im Bad wirklich ernst, wenn ich mich duftig und wohl geölt und gecremt herrichte.
Ich liebe Yoga, freue mich dank meiner Functional Yoga Trainer Ausbildung jetzt auch, die Sonnengrüße noch vorm Durchstarten am Schreibtisch für mich entdeckt zu haben und starte dann, Wasser schlürfend und wohlwollend meinen Bürotag im Homeoffice. Das Arbeiten macht mir Spaß! Ich liebe es, egal wie herausfordernd es manchmal auch sein mag. Die Mails ploppen herein, das Telefon schellt, zwischendurch wird die nächste Reise geplant, das Team wird liebevoll aber konsequent auf Trab gehalten und plötzlich ist es auch schon Mittag! Ab in die Küche, Spargel oder Kürbissuppe bereitet, genossen, eine Pause eingelegt.
Meine Ernährungsumstellung läuft gut. Bei jedem einzelnen Kochvorgang bin ich stolz auf mein Kunstwerk, stolz, dass ich mir Gutes tue. Der Tee dampft, ich erlaube mir auf eine Runde in Hogwarts vorbei zu sehen um zu checken was meine kleine Mini-Freedi in ihrer neuen Lieblingsspiele-App treibt und dann ist die Pause auch vorbei. Schreibtisch, Fotoshootings, Außentermine, eben ein ganz normaler Arbeitstag und dann ist es Abend. Sport, Essen und gute Nacht.
Eben mein Tag, den ich versuche so gut es geht zu meistern, wäre da nicht dieses Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Trotz Yoga, Healthy Food und einer Joggingrunde durch die Nachbarschaft bin ich einfach mehr als ko. Ein, zwei Tage frei nehmen lösen das Problem nicht. Nachts häufen sich sogar die Muskelkrämpfe.
Ich beschließe zum Arzt zu gehen und lerne aus dem „Sie sind doch fein so wie Sie sind, Sie müssen nicht abnehmen.“ und dem „Vielleicht haben Sie sich was eingefangen, wir probieren mal ein Breitbandantibiotikum.“, dass ich hier nicht richtig bin. Ich wechsle den Hausarzt, suche nach Naturheilkunde, werde fündig und mache mich auf, mir Hilfe zu holen. Ein individuelles Blutbild wird erstellt, ich werde ausgependelt, meine Vitaminversorgung ist trotz 3 Mal täglich Obst und Gemüse im Keller. An D und B12, Zink und Magnesium fehlt es. Wieso, weiß ich nicht. Aber die Werte sind wie sie sind, unterirdisch. Ich werde die beste Kundin in unserer Apotheke und gleichzeitig ähnelt mein morgendlicher Frühstückscocktail an Pillen jetzt dem meiner Omi. Aber was solls, wenn es mir hilft.
Ich bekomme zudem Manuelle Therapie für meinen steinharten Nacken verschrieben. Das sind also keine stählernen Muskeln die ich da spüre, das sind Verhärtungen. Hab ich mir schon gedacht, dass Yoga und mein kurzes 5 minütiges Meditieren nach dem Mittag da nicht weiter helfen. Einen Termin zu bekommen, das stellt sich allerdings schwieriger heraus als gedacht. „In drei Monaten“ oder „Wie wäre es im Spätsommer.“ Ok, ich bin nicht todkrank, ich hab nur Verspannungen, aber trotzdem, wirklich? Ist das euer Ernst? Ich möchte doch was machen, investieren, dass es mir gut geht. Viel leichter vorgenommen, als getan.
Meine Ärztin rät mir zu einer neuen Sauerstofftherapie, könnte mir gleichzeitig auch helfen mein Anstrengungsasthma in den Griff zu bekommen und zu entspannen. 60 Euro pro Sitzung. Ok, bin ich mir wert. Wenn auch ein wenig zähneknirschend. Nachdem ich meine Instagram Story des Tages zum Thema Menstruationstasse hochgeladen habe, eile ich los. Ist ja ein wichtiges Thema, da kann Frau schon mal die Zeit vergessen! Rauf aufs Rad und ab durch die Mitte. Angekommen gehts nach hinten durch zur Pritsche. Hinlegen. Entspannen. Kein Problem denke ich und freue mich auf die nächsten 45 Minuten. Die Sauerstoffmaske sitzt fest, ich möchte keinen Atemzug verpassen. Einzige Aufgabe, entspannen, liegen, Augen schließen. Gut. Indes regelt die Schwester mittels eines laut fiependen Gerätes meine Sauerstoffzufuhr rauf und runter. Folgend den Prinzipien der Über- und Unterversorgung sollen die Zellen im Körper angestoßen und angeregt werden. Los ihr kleinen, ich bin bereit. Ich bin vorbildlich. Ich liege. Ich atme tief in den Bauch. Ich finde mich mega entspannt. Wirklich.
50 Minuten später blicken die Schwester und ich auf den Bildschirm der Apparatur. Sie scheint mir etwas ratlos, überlegt die richtigen Worte zu finden „Nun war das ja ihre erste Behandlung und sie sind sicher sehr aufgeregt gewesen.“ „Nein, sie haben mir ja alles gut erklärt, ich war tiefenentspannt.“ „Nun ja, nicht wirklich, das Gerät sagt, Sie waren im puren Stressmodus.“ „Nein, ich habe mich entspannt.“ „Naja, schaun Sie mal hier….“
Ich verlasse die Praxis, mein kleines so gesundheitsorientiertes Herzlein fühlt sich mehr als geknickt an. Ich bin richtig tief traurig. Nicht wegen der Kohle. Nicht wegen der Zeit. Wegen mir. Meinem Körper. Wieso ist es für mich nur so schwer dieses Entspannen? Wieso geht das einfach nicht?! Ich setzte mich deprimiert in die Sonne. Die Schwester hat mir für den folgenden Tag einen weiteren Therapieversuch angeboten, den ich angenommen habe. Ich notiere mir, was ich besser machen könnte: Nicht abgehetzt ankommen, vorher weniger online sein, vielleicht 5 Minuten vor der Behandlung draußen auf der Bank sitzen, eine Schlafbrille mitnehmen, eine Meditationseinheit auf die Ohren. Super, damit müsste es klappen. Ich poste meine Erfahrungen und dann – bin ich überwältigt.
Eure Resonanz ist erschreckend riesig! Es geht so vielen von uns so. Wir tun und machen und wollen auf uns Acht geben, aber gerade von Frauen habe ich an diesem Tag die Rückmeldung erhalten, dass es ihnen genauso geht. Das macht mir Sorgen. Wieso ist es so? Wieso denke ich, dass ich entspanne, obwohl mein Körper ständig auf Strom ist. Wieso fließt ständig Adrenalin durch meine Adern und wieso ist selbst unbewusster Stress mein ständiger Begleiter? Und woher soll ich dann wissen, wann ich wirklich entspanne?
Auch wenn mich einige von euch sicher verwundert angucken, weil sie meinen Stress vielleicht sogar deutlicher wahrnehmen als ich selbst, bin ich trotzdem schockiert. Ich dachte ehrlich, dass ich wenigstens zwischendrin, in den leisen Momenten, auf meiner Matte, in Bewegung, dass ich dort entspannen kann. Aber nur mein Kopf sendet das Signal, dass irgendwo in mir verhallt, ohne anzukommen. Mein Körper bleibt weiter in Hab-Acht-Stellung! Immer im Einsatz. Bereit und dabei alles zu geben.
Ich lese den ganzen Nachmittag Nachrichten von meinen Instagram Followern, Tipps zur Abendentspannung ploppen herein, Selbstmassagemöglichkeiten, Tools und Tricks – ich bin immer noch traurig.
Sonst klappt mal ganz nebenbei gesagt auch nicht viel an dem Tag und abends gucke ich das Bett an und merke, wie meine Zähne grimmig aufeinander knirschen. Ach ja, diese Zahnschiene zur Entspannung soll ich auch bekommen. Leider hab ich nur keine Zeit für die zughörigen Termine, da meine Zahnärztin leider nicht in Berlin ansässig ist. Keine Ausrede. Einfach wahr. Mein Leben ist so schön, so bunt und ich genieße meine Selbstständigkeit, ich liebe es mir die Tage frei einteilen zu können, um die Welt zu düsen, Texte zu schreiben und meine Gedanken mit euch zu teilen. Ich bin schon viel besser geworden im Umgang mit mir, auch wenn die ersten 1000 Wörter euch vielleicht komisch vorkommen könnten. Ich habe in den letzten 5 Jahren schon viel gelernt, gezwungener Maßen durch meinen Körper und seine Auszeiten, aber ich habe ihn verstanden. Ok, ansatzweise scheinbar nur. Ich mache Feierabend, ich treibe wieder regelmäßig Sport und habe meine Begeisterung dafür sogar in einer Trainer Ausbildung zur Functional Trainerin münden lassen. Ich bin froh über das und erfolgreich mit dem, was ich tue und Dank meines wundervollen Mannes und Teams habe ich gelernt, auch mal abzugeben.
Und dennoch scheint das nicht genug zu sein. Das ärgert mich, macht mich wütend. Ich weiß nicht auf wen, aber ich greife zum Telefon und sage den morgigen Behandlungstermin ab. In mir sagt es, ich will nicht auf einer Pritsche beim Arzt mit Sauerstoffmaske entspannen, ich will raus. Und das mache ich jetzt auch.
Ich nutzte das lange Wochenende und besuche meine Eltern im Grünen und Gelben. Nirgendwo fühle ich mich wohler als draußen. Für mich ist Natur kein Instagram Trend, zu dem ich eine bunte Decke drapieren muss, für mich bedeutet Draußensein Lebensenergie tanken. Und dass ich dieses Erlebnis brauchte, um wieder daran erinnert zu werden, mutet zwar komisch an, war aber scheinbar nötig.
Ich hätte so gerne einen Balkon, eine Terrasse oder einen Garten. In Berlin, in unserer kalten Altbauwohnung ist es manchmal so schwer. Wohin soll man denn, wenn es keinen erschwinglichen Wohnraum gibt? Schon gar nicht für eine selbstständige Bloggerin und einen Krankenpfleger. Horrende Mieten können wir uns nicht leisten. Für Vermieter sind wir nicht attraktiv genug. Also reisen wir viel, aber kommen Zuhause doch nicht von der Stelle. Ich glaube wirklich, wenn ich Zuhause die Möglichkeit hätte, für mich Sonnenenergie und Wärme zu tanken, würde es mir schon besser gehen. Luft zum Atmen ist manchmal so schwer zu finden, auf 50 Quadratmetern mitsamt Büro.
Das ist ein Punkt, den ich unglaublich gerne ändern würde, dem gegenüber ich aber machtlos bin. Allein das verschafft ein mieses Gefühl. Ich gebe deshalb nicht auf, ich frage Freunde, checke die einschlägigen Plattformen, bewerbe mich um Wohnungen am Stadtrand, aber eine Lösung ist bisher für uns nicht in Sicht. Und mein Körper, dem geht es gut. Besser, wenn ich mir meinen Laptop schnappe und mich mit ihm auf eine Parkbank verziehe, lange nicht gut genug, aber besser, als schon so manch anderes Mal in meinem Leben.
Ich möchte mir zuhören, ich möchte etwas ändern, denn ich liebe mich. Nicht bedingungslos, aber ehrlich, so wie ich bin, kann ich mich jetzt mit 34 Jahren annehmen, akzeptieren und mehr als mögen. Ich glaube ich bin ein sehr positiver, glücklicher, strahlender Mensch, auf der Suche nach dem eigenen Weg. Und gerade hängen die Flügel eben ein wenig runter. Aber davon lasse ich mich nicht unter kriegen, hier helfen Freunde, Familie, frische Luft und die Vorfreude auf alles, was dieses Jahr noch an Abenteuern auf mich wartet. Aber auch die Dankbarkeit, für all die Dinge, die mich jeden Tag glücklich machen. Und davon gibt es viele!
Ich weiß nicht ob dieser Text an meinem Gesamtzustand etwas ändert, vielleicht schreibe ich ihn für euch oder ein Stück weit auch für mich. Vielleicht wird ihn niemand außer mir je lesen, dann ist es auch ok, denn diese Gedanken mögen denen, die es nicht betrifft vielleicht verloren, wirr oder total belanglos erscheinen, aber für mich sind all diese Gefühle real und pur und ungefiltert greifbar. Sie lassen sich nicht wegdrücken, nicht verändern oder umwandeln, sie ziehen nicht auf Knopfdruck von dannen. Sie sind einfach da, mit mir und sie sind mir willkommen, denn letztendlich sind wir eins.
Bitte versteht diesen Beitrag nicht als Klage über meine Arbeit oder als Gefühlsausbruch einer überlasteten modernen Frau, die viele Rollen aufeinmal bedienen muss. Bitte versteht ihn so, wie ihr euch selbst versteht, als Teil einer Entwicklung, eines Prozesses.
Wisst ihr vor einigen Jahren habe ich einen Text verfasst, der sagte: „Ich hab genug.“ Darauf werde ich noch immer angesprochen. Ich habe den Blog damals eine Zeit auf Eis gelegt, bin in mich gegangen um zu ergründen, was ich wirklich will. Und wisst ihr, ich bin fündig geworden. Denn dieser Beruf ist meine Berufung.
Ich lebe das Leben, von dem ich früher nicht mal gewagt hätte zu träumen und ich darf all das mittlerweile teilen. Denn da sind Tobias mein Mann und liebster Fotograf und Reiseexperte, Anni und Florian, mit denen nicht nur wunderschöne neue Inhalte entstehen, sondern Dank denen Freiseindesign bald auch ganz neu und noch schöner erstrahlen wird. Gemeinsam machen wir eine Entwicklung durch, haben beschlossen den Blog noch mehr in unser aller Leben zu integrieren, wollen über die Themen berichten, die uns wirklich am Herzen liegen, wie Gesundheit, Bewegung und auch alles was das nachhaltige Leben und der bewusste Umgang mit unseren Ressourcen mit sich bringt.
Wir wollen inspirieren und unsere Begeisterung für dieses wunderschöne Dasein auf die spannenden Welt teilen.
Ich bin so stolz darauf, dass wir sind, wie wir sind. Mittlerweile ein festes Team, das sich beisteht, füreinander und miteinander einsteht und gemeinsam vorwärts geht.
Ich hätte damals nie gedacht, dass es das ist, was vor mir liegt und doch habe ich nicht nur Kollegen, sondern neue, wirkliche Freunde gefunden, die mich mittlerweile sehr, sehr gut kennen, diesen Beruf verstehen und mir an der Nasenspitze ansehen, wie es um mich und auch die anderen bestellt ist. Für mich die beste Arbeit der Welt und wenn der Preis, für diese Verantwortung, meine innere Angespanntheit ist, dann zahle ich diesen erstmal. Allerdings, nicht auf Dauer. Soviel steht auch fest.
Man mag mir vorhalten, auf dem Blog viele werbliche Beiträge zu verfassen. Ja, das tun wir, denn wir sind mittlerweile zu viert und arbeiten an so vielen verschiedenen Projekten, kreieren freien Content und für jeden zugängliche Geschichten und müssen trotzdem alle selbst am Anfang jeden Monats unsere Miete zahlen. Das Geschäft ist, wie es ist und wir wollen mit Herz und Qualität überzeugen, mit unserer Leidenschaft und unserer unschlagbaren Echtheit.
Wie es für mich gesundheitlich weiter geht, wird die Zeit zeigen, die ich mir gebe. Ich bin mir der Zeichen meines Körpers bewusst, ich möchte daran, mit mir etwas verändern, verbessern, aber nicht zum Zwecke der Selbstoptimierung, sondern für meine Genesung.
Und jetzt beginne ich damit, indem ich meine Nase in den Wind halte und das tue, was ich sonst manchmal so schwer kann, atmen.
Wenn dich dieser Beitrag berührt, du mit mir fühlst, einen Tipp oder auch kritische Gedanken hast, lass mich gerne an all dem teilhaben. Hinterlasse mir einen Kommentar oder schreibe mir einfach über Instagram, denn ich habe das Gefühl, ich bin damit nicht allein.
Gemeinsam werden wir unsere Kräfte bündeln und uns gegenseitig zu einem noch ausgewogeneren und bunteren Leben verhelfen. Ich glaube fest daran.
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