Das Weingut, das auf den schönen Namen Bodega Otazu hört, liegt im spanischen Nordwesten – in der Region Navarra. Umgeben von Bergen widmen sich echte Weinliebhaber hier ganz ihrer Leidenschaft und nutzen das Mikroklima, das sich im Tal bildet, aufs Beste aus.

Willkommen auf einem der 100 schönsten Weingüter der Welt!
Auf der einen Seite beschützt der Berg Sierra del Serbil wie eine mütterliche Wand die Weinstöcke vor allzu schlechten Wettereinbrüchen, auf der anderen Seite schmiegen sich sanfte Hügel um das Weinanbaugebiet, über dem Greifvögel langsam ihre Runden ziehen. Ein bisschen fühlt es sich an, als passe die Natur hier auf ihre Früchte auf – so verrät es uns Sandra Guevara aus dem Team der Bodega Otazu.
Ich hänge von Beginn der Führung an ihren Lippen und bin gespannt auf mehr. Die Frau fasziniert mich nicht nur mit ihrer Fachkenntnis zum Weingut selbst, der Architektur und Kunstsammlung, sondern auch mit dem Charme, der in den Lachfalten um ihre Augen sitzt. Sie erinnert mich an eine ganz wunderbare Frau aus meiner Heimatstadt, bei der ich einst ein Praktikum absolvierte. Und auch wenn mein Interesse für Steuern und Zahlen – um die es bei meinem Sommerjob damals ging – sich auch bis heute nicht einstellen will, ist meine Bewunderung für meine damalige Praktikumsleiterin bis heute ungebrochen. Sandra erinnert mich an sie, mit ihrer Erscheinung, dem intelligenten Witz und der Begeisterung für Kunst und Architektur.
Bodega Otazu weist für eine Winery so einige Besonderheiten auf. Zwischen den Weinstöcken wächst hier Gras – ein ungewohnter Anblick. Dies heißt jedoch nicht, dass hier der Boden nicht gepflegt wird, sondern das genaue Gegenteil: Das Gras absorbiert die hohe Feuchtigkeit, die im Tal herrscht und sorgt für einen ausgeglichenen Boden, in dem die Wurzeln der Weinstöcke munter vor sich hin gedeihen können.
Im Jahr 1025 kam das Landstück zum ersten Mal in die Hände seines damaligen Besitzers Lord Otazu, nach dem es heute heißt. Doch erst im 12. Jahrhundert flossen hier die edlen Tropfen und zwar – wie könnte es auch anders sein – produziert mit Kraft der Hände von Mönchen. Aus derselben Zeit stammt auch die kleine Kirche, die zwar auf den ersten Blick fast unscheinbar wirkt, innen jedoch mit ein paar Überraschungen aufwartet.
Die etwa einen Meter große Jesusdarstellung in der Kapelle fällt mit einigen Sonderlichkeiten auf. So ist Jesus, statt wie üblich ausgemergelt und dürr, scheinbar bei recht guter Gesundheit und wirkt muskulös und kein bisschen ausgezehrt. Auch sein Gesicht erscheint bei näherem Hinsehen eher unüblich und weist asiatische Züge auf. Die heutigen Besitzer des Weingutes führen diese Darstellung darauf zurück, dass hier ein philippinischer Künstler am Werk gewesen sein könnte.
Auch der schöne Wandschmuck hinter dem Altar sticht in der ansonsten schlichten evangelischen Kirche ins Auge. Er ist aus Holzarbeiten im Platoresco Stil zusammengesetzt und wirklich liebevoll ausgestaltet und bemalt. Auffällig ist hier außerdem, dass es eine vermenschlichte geschnitzte Gottesdarstellung im oberen Bereich gibt. Das erinnert mich doch direkt wieder an die zauberhafte Kirche in Isokyrö, die ich dieses Jahr besucht habe!

Wo Kunst auf Weinwirtschaft trifft – Bodega Otazu
Nicht immer war das Glück der Bodega Otazu hold. So ging eines Tages eine Krankheit auf dem Gut um, die alle Weinstöcke befiel und unbrauchbar machte. Das Land wurde einige Zeit für Ackerbau genutzt und der gute Geist des Weins drohte an diesem Ort in Vergessenheit zu geraten.
Doch Ende des 20. Jahrhunderts fand die Bodega Otazu zurück zu ihrer wahren Bestimmung und wird seitdem als Weingut betrieben, dessen Herz im Einklang mit moderner Kunst pulsiert. An jeder Ecke finden sich hier die Werke moderner Künstler wieder. Zu jedem Stück kennt Sandra Guevara die Geschichte, erläutert die Bedeutung und lacht über all jenes was schiefging.
So sollen die vier Glasbehälter mit bewegtem Wasser für jene vier Endprodukte stehen, die von der Winery hervorgebracht werden: Rotwein, Weißwein, Rose und Schaumwein. Dass sie alle durchsichtig sind, ist jedoch eigentlich ein technischer Fehler des Kunstwerkes, denn ursprünglich sollten die Würfelbecken auch in den entsprechenden Farben der Weine sprudeln. Den Liebhabern gefällt es trotzdem, denn jedes Kunstwerk hier ist ein echtes und liebevoll geschaffenes Original, ob nun mit – oder ohne Fehlzündung. 😉
Einige Kunstwerke, wie zum Beispiel die „Ariadne“ aus der Minotaurus-Geschichte haben es sogar auf die Etiketten der Weinflaschen geschafft. Eine Idee, die mir persönlich sehr gut gefällt, weil das Etikett so wirklich zum Teil der ganz persönlichen Geschichte des Weingutes wird, statt einfach nur die Flasche zu beschriften.
Wer Lust hat sich selbst einmal das Bodega Otazu Weingut anzuschauen, der kann sich auf einen wahren Weinspaziergang, jede Menge frische Kunstinspirationen und die besonders beindruckende Weinkathedrale freuen – so nennen sie hier die große Halle, in der die Fässer gelagert werden. Und – wie sollte es anders sein: Selbst hier bestimmen die Kunstinstallationen einen Teil des Gesamtgefühls.
Vielen lieben dank an die Region Navarra für die tolle Organisation der Reise, während der ich das Weingut kennen lernen durfte.