Der Flieger zum Yogacamp landet in Málaga und entlässt uns in den leichten andalusischen Sommerwind. Mein Freund und ich lächeln uns an. Angekommen. Ein wenig erschöpft von der langen Anreise lassen wir uns neben dem Ausgang nieder und schauen uns um. Seit 24 Stunden sind wir bereits unterwegs. Direkt nach der Arbeit ging es mit dem Fernbus von Rostock nach Berlin, dort bekamen wir 2 Stunden Schlaf und mussten schon zum Flughafen. Müde, aber voll von dieser kribbelig warmen Aufregung, die einen überkommt, wenn man sich bewusst wird, ab jetzt eine Woche Zeit nur für sich selbst und die eigene Gesundheit zu haben.
Und dann sehen wir auch schon einen braun gebrannten Herren mit dem Yoga-Spirit-Circle-Schild. Papa Reinhold, dem nicht nur die zauberhafte Casa Erica gehört, sondern auch eine große Portion Humor und Liebe für seine Gäste. Unser Start in den Urlaub beginnt jetzt erst wirklich. Gut gelaunt steigen wir in unser Shuttle Auto (“Das kleine, weil ihr nur 3 seid.”) und ich setze mich halb unter den kleinen Bildschirm, der gemeinsam mit uns auf der Rückbank transportiert wird. Macht ja nichts – irgendwofür ist es immer gut, dass ich so klein bin. Etwa 45 Minuten sind wir von Málaga nach Vale Niza unterwegs.
Reinhold erzählt uns welche Gebäude neu sind und welche alt, wo nur die Touristen hingehen und was man wirklich gesehen haben muss. Ich halte den Bildschirm fest und strahle aus dem Fenster. Urlaub. Endlich! In bester Stimmung und einige Kurven und Schotterpisten später, erreichen wir die Casa Erica und werden stürmisch von Hündin Alfa begrüßt.
Die Casa Erica
Der Yoga Spirit Circle wurde von Yvonne Jabs gegründet, um allen, die den Alltag einfach mal verlassen wollen einen Ort dafür zu bieten. Das Gefühl, das sich hier breit macht ist Geborgenheit. Die Casa Erica ist irgendwie magisch und dennoch erfrischend normal. Man hat hier keine Angst nicht fein genug zu sein, sich daneben zu benehmen oder nicht das richtige Outfit dabei zu haben.
Die Villa ist einfach schön. So schön, dass wir in unserer Woche vor Ort immer mal wieder reglos im Innenhof sitzen und uns umsehen. Die hellen Farben, der glitzernde Pool, das Holzpodest mit dem Baldachin und die Berge und Täler rings um. Ziegenglocken klingen und wenn man ganz still ist, kann man das Meer rauschen hören. Auf einmal merkt man, dass man sich selbst völlig genüge ist. Nur der Moment, mit diesem Anblick. Völlige Sicherheit.
Wir sind da, um uns wieder richtig wohl zu fühlen und wir merken, dass wir schon längst damit angefangen haben.
Die Anderen
Ich habe selten eine Gemeinschaft erlebt, wie jene in diesem Yoga-Camp. Wir alle waren so verschieden und dennoch gleich in unserer Art miteinander umzugehen. Herzlich, warm und offen. Ich habe noch nie in meinem Leben eine ganze Woche lang täglich so gute Gespräche geführt. Es wird einander geholfen, gezeigt, erklärt und ermutigt.
Vom ersten Tag an sind wir eine Familie, als wäre das stumm abgesprochen worden. Sprachbarrieren gibt es keine, Deutsch, Englisch, Österreichisch, ein bisschen Spanisch und notfalls die guten alten Hände und Füße reichen für die ganze Woche aus. Es gibt keine Zwänge, alles kann, nichts muss und niemand ist dem anderen böse, wenn er nicht mitwill, zum Strand, keine Lust zum Reden hat oder früh ins Bett gehen möchte. Hier ist alles okay. Hier sind alle okay.
Es ist ein bisschen magisch. Eine Urlaubswelt und dennoch irgendwie mehr als das. Flow ist, abgesehen von Papa Reinhold und Yvonnes Freund der einzige Mann im Camp. Stören tut das allerdings niemanden, wir alle sind hier einfach Menschen, alles weitere ist irgendwie völlig egal. Beruf, Abschluss, Nationalität, Geschlecht – all das ist hier höchstens Anstoß für ein spannendes Gespräch, nicht jedoch für eine Wertung.
Yoga & Selbstfindung
Der Grund, warum man in ein Yoga-Camp fährt, ist normalerweise, dass man Yoga machen möchte und zwar viel davon. Beim Yoga Spirit Circle bedeutete das: Morgens 90 Minuten Yoga und Nachmittags ebenso. Klingt erstmal ganz einfach. Hat es aber in sich.
Anfangs nahmen wir an, dass wir uns schon nach dem ersten Tag vor Muskelkater kaum würden bewegen können. Dem jedoch war überhaupt nicht so. Dank dem Zusammenspiel aus Sonne, die übrigens verursacht, dass unser Körper Beta-Endorphin ausschüttet, welches als Schmerzmittel wirkt, ganzheitlicher Bewegung und hervorragendem Essen, fühlten wir uns gut wie nie. Sogar komplizierte Yoga Haltungen wurden plötzlich möglich und auch, wenn man durchaus merkte, dass man ordentlich an sich gearbeitet hatte, fühlte man sich nie erschöpft.
Lediglich eine gesunde, schwere Müdigkeit machte vielen Tagen ein frühes Ende oder stahl ein paar Nachmittags-Stunden. Ein tiefer, gesunder und heilsamer Schlaf begleitete uns jede Nacht.
Unsere Trainerin Kat wurde von der reinen Lehrerin schnell zur guten Seele unserer Gruppe. Stets strahlend, voll mit Tipps und Geschichten inspirierte sie zum Ausprobieren, Hinfallen und Aufstehen – sowohl beim Yoga, als auch im Leben. Von ihr lernten wir, woran man erkennt, ob jemand Ayahuasca genommen hat, welcher Ayurveda-Typ wir sind und warum es eben nicht die perfekte Ernährung gibt, die für alle Menschen gilt.
Sie nahm uns mit auf ihre vergangen Reisen, erzählt von der Nacht in der sie in Tibet fast erfror, von dem Mal, als jemand in Costa Rica mit dem Pferd neben ihr in eine Bar ritt und ein Bier bestellte. Kat teilte auch die Dinge mit uns, die schief gelaufen waren, die Phasen ihres Lebens aus denen sie gelernt hatte.
Jeden Morgen durfte man sich auf ihr Strahlen freuen, schon bevor die erste Yoga-Einheit begann.
Foodporn & Seelenheil
Der Morgen startete mit einer Schweige-Zeit, denn vor der ersten Yoga-Stunde wurde nicht geredet. So saßen wir stumm und glücklich nebeneinander, sahen die Sterne vergehen und die Sonne am Horizont hinaufklettern.
Ich lernte von Kat, dass ein Tee als erstes am Morgen für mich am Besten ist und probierte es einfach eine Woche aus. Das Fazit? Als jemand, der früher heiße Getränke kategorisch abgelehnt hat, muss ich sagen, dass Tee besonders meinem Bauch wirklich gut tut und ich mich auch ausgeglichener fühle, seit ich Tee in meinen Alltag integriert habe. Manchmal sind es die kleinen und simplen Sachen, für die man erst einige Kilometer reisen muss, um sie zu verstehen.
Das Essen in der Casa Erica ist himmlisch! Es ist modular aufgebaut, das heißt man kann zum Beispiel angeben, dass man Veganer ist und dann bekommt man nur das Vegane Grundessen, während ein Vegetarier dann zusätzlich noch etwas Weiteres hinzunehmen kann. Ausgewählte Käsesorten, frisches Gemüse, selbstgebackene Brötchen (mit Kurkuma! Herrlich!) und leckerer Nachtisch ließen uns jeden Tag das Wasser im Munde zusammen laufen.
Fleisch gibt es im Yoga Spirit Circle nicht, jedoch wird an einem Tag Fisch gegrillt, was Reinhold persönlich übernimmt. Am letzten Tag haben wir Pizza gemacht, auch hier gab es als vegane Alternative einen Teig aus Blumenkohl. Für eine Essenschlacht waren wir natürlich alle viel zu erwachsen, aber eine Kriegsbemalung mit Mehl stand besonders Flow gut zu Gesicht.
Nachdem die Pizza unsere Bäuche gefüllt hatte, brach der letzte Abend an. Wir erinnerten, lachten und tauschten unsere Nummern. Wir füllten unsere Köpfe und Herzen mit den Geschichten dieses Urlaubes, auf das wir sie nie vergessen mögen: Der heißt Sand, der uns hüpfen ließ. Der Stein, den ich im seichten Wasser fand, heimbrachte, einfassen ließ und den meine Mutter heute um den Hals trägt.
Das Gelächter, als nach der Bestellung eines “Iced Coffee” ein heißer Kaffe und ein Glas voll Eiswürfel vorgesetzt wurden. Der Ausflug nach Málaga und die wunderschöne alte Festung mit ihren bunten Blüten und herrlichen Wasserläufen. Die gemeinsamen Gespräche und in die ferne schweifenden Blicke. Der riesige Mond, den wir alle fotografieren wollten und anschließend über uns selbst lachen mussten, wie wir da standen, mit unseren Kameras, statt inne zu halten und zu genießen.
Der Moment, als ich am Pool einschlief und die wunderbare Massage über den Bergen von Vale Niza. Die unglaublichen Sonnenaufgänge und der Abend, als für mich tatsächlich ein Glas Cola aufgetrieben wurde, weil ich so gerne eines wollte. Die tiefen Atemzüge und der Geruch von sonnenwarmer Haut.
Mit dem Yoga Spirit Circle hat Yvonne etwas aufgebaut, das mehr ist, als einfach nur Yoga. Etwas, das wir länger erinnern, als bis zum nächsten Urlaub. Hier sind Freundschaften entstanden und Gedanken gefestigt worden. Hier sind Wehwehchen kuriert und Muskeln gestärkt worden. Und am meisten von allem, ist hier die Seele zur Ruhe gekommen, der Atem tiefer geworden und der Schlaf bis zum Morgen ruhig geblieben.