Als ich auf dem Weg zum Your Space bin, zu dem Fabletics mich eingeladen hat, denke ich zuerst: „Bin ich in einer Crime Serie gelandet?“ Das Yogastudio liegt im 2. Hinterhof irgendwo im Prenzlauer Berg und ich wandere vorbei an Baustellen und Sperrmüll. Bin ich richtig? Ich bin richtig – denn kaum habe ich die Treppen erklommen, stehe ich auch schon im Yourspace. Von Baustellenatmosphäre keine Spur mehr. Sanftes Licht und etliche Yogamatten empfangen mich. Da ich vom anderen Ende der Stadt komme, bin ich eine halbe Stunde zu früh. Aber das ist mir lieber, als zu spät zu kommen – so hat man das doch von Omi schon gelernt.
Yoga und Meditation sind ein wichtiger Teil meines Alltages, der eindeutig seit dem Umzug viel zu kurz kam. Doch das soll sich heute ändern und ich hoffe inständig, dass ich fit genug bin, um die Einheit zu genießen – denn ich möchte ja nicht ständig wackeln und umfallen.
Die Atmosphäre ist angenehm und obwohl ich so viel zu früh bin, werde ich herzlich empfangen und mit Tee versorgt. Wo liegen denn diese Kekse, die so stark riechen? Ich schaue mich um. Dann werde ich aufgeklärt – es handelt sich um den Kakaoschalen-Tee, der so einen starken Geruch verströmt. Gut für den Blutdruck soll er sein. Das kann ich vermutlich gleich gut gebrauchen.
Die Kursleiterinnen Michaela Aue und Sophie Weiser erzählen uns alles über ihren Your Space. 2016 starteten sie ihr ganz persönliches Projekt: Ein Raum um Dinge auszuprobieren und sich weiterzuentwickeln. Ein Raum, für neue Wege. Den haben sie in diesem zweiten Hinterhof versteckt gefunden. Der Yourspace ist kleines Paradies, das man erst zwischen all dem scheinbar Unschönen suchen muss. Irgendwie typisch für Berlin. “In diesem Raum finden seltsame Dinge statt!” Das erzählt Sophie uns, als wir uns alle auf den Matten niedergelassen haben. Doch eine Vodoo-Zeremonie, statt der Yoga-Stunde? Einige lachen. Nein, tatsächlich geht es genau mit dem los, worauf ich mich seit Tagen freue: #findyourpath
Eine kräftige Vinyasa Flow Einheit. Bewegtes Yoga, das sich viel auf den passenden Atem zu den kräftigenden Übungen stützt. Ich komme ins Zittern. Bin ich so unfit, oder nimmt Michaela uns einfach ordentlich ran? Ich nehme die Übungen sehr ernst und mache intensiv mit, meine Muskeln arbeiten. Man fühlt sich sicher bei Michaela. Obwohl wir etwa 20 Leute sind, nimmt sie sich Zeit für uns alle. Sie geht herum, hilft hier und da und verbessert unsere Haltung. Etwas, das mit persönlich bei einem Yoga-Trainer extrem wichtig ist. Denn nur wenn auf die Haltungen gut Acht gegeben wird, kann man sich richtig in die Übungen fallen lassen und den Körper stärken. Ob es intensiv war? Definitiv, denn die nächsten Tage kann ich vor Muskelkater kaum meine Arme heben.
Im Anschluss gehen wir zur Meditation über. Sophie führt uns mit ihrer Stimme durch Atmen und Loslassen, gibt uns Zeit und begleitet alles mit dem wunderschönen Klang der Klangschale. Besonders erstaunlich ist, wie viel länger man den Ton der Klangschale wahrnimmt, wenn man ganz ruhig ist. Bei dieser Übung merke ich, wie angespannt ich eigentlich häufig bin. Wie viel ich oft ausblende. Als Sophie uns zurück holt, blinzeln wir – sind wirklich schon 30 Minuten vorbei? Kaum zu glauben!
Im Anschluss wird eine Tarotkarte gezogen: “Der Politiker”, liest Sophie vor und zeigt einen Mann, der mit einer Maske und einer Schlange dargestellt wird. Nicht gerade eine positive Karte. Sophie liest den Text über den inneren Politiker vor, dessen zwei Gesichter wir alle in uns tragen und kommentiert: “Vielleicht beziehen wir die Karte lieber auf die aktuelle politische Situation und nicht auf unsere Yoga Einheit.”
Die Philosophie des Your Space ist eine sehr schöne: Jeder Mensch ist anders. Es kann immer passieren, dass nicht jeder sich mit allem wohl fühlt, was nicht schlimm ist, solange man trotzdem alles ausprobiert, das einen neugierig macht. Jeder soll etwas finden, nicht einer alles.
Ich frage, was es im Your Space noch so gibt: “Eigentlich alles, worauf wir selbst Lust haben. Zum Beispiel regelmäßige sportliche Yoga- und Meditationseinheiten, Kundaliniyoga oder ein Klangbad mit Klangschalen.”
Die Mädels leben ihren Yogaspace und das merkt man am meisten an den leuchtenden Augen. Hier darf alles probiert werden und regelmäßig finden diverse Workshops statt, in denen man nach Herzenslust alles Mögliche ausprobieren kann.
Ungewöhnlich und von Bedeutung sind hier auch die Preise. 61 Euro kostet die 5er Karte und 111 Euro die 10er Karte – warum sie genau diese Preise gewählt haben? “…weil Michaela ein bisschen durchgeknallt ist und das nach Numerologie entschieden hat”, lacht Sophie. Ich finde die beiden einfach sympathisch und frage zum Abschluss nach einer Geschichte zum Studio, welche Sophie dann auch sofort zur Hand hat:
Die beiden Mädels sind große Mexiko-Fans und deshalb wohl das einzige Studio mit einem toten Hund als Maskottchen, erzählen sie mir. Das Tierchen natürlich kein echter toter Hund, sondern eine Figur – im klassischen mexikanischen Totenkult-Stil modelliert. Er wacht in der Ecke des Studios über alle Kurse. “Bei uns muss nicht alles bierernst sein”, erzählen die Mädels und holen endlich ihre Geschichte heraus: Die vielen Kakteen, mit denen das Studio geschmückt ist, kamen für nur 50 Euro zu den beiden. Wie? “Über eine Kleinanzeige sind wir auf einen wunderschönen großen Kaktus für 50 Euro gestoßen”, erzählt Sophie, “und dann fahre ich dort einfach so hin, mit meinen 50 Euro in der Hand und will den Kaktus holen, als mich die Dame an der Tür fragt, ob ich die anderen auch alle mitnehmen würde.” Hinter der Tür waren noch etliche wunderschöne Kakteen aufgebaut. Sophie verliebte sich in die Pflanzen, lehnte aber ab: “Leider habe ich nicht genug Geld für alle.” Was sie nicht wusste – die Kakteen waren alle für 50 Euro insgesamt angeboten worden. Das Ende der Geschichte passt so gut zu den beiden, wie sie hier vor mir sitzen: Sophie fuhr weg und kehrte mit einem kleinen Lastwagen zurück und holte so viele Kakteen, wie sie transportieren konnte. Unter Einsatz ihres Lebens, wie sie betont: „Einen Kaktus hatte ich während der Fahrt auf dem Schoß!“ Nun schmücken viele Kakteen das hübsche Studio und geben dem ganzen einen wunderbaren Mexio-meets-Berlin-Charme, der dafür gesorgt hat, dass ich ganz sicher wieder kommen will.